Der Ursprung war ja in GBD's "Basic Aktien Schweiz" Thread, wo er nach Börsenweisheiten gefragt hat. Es war meine Anregung an die Formusleitung, einen neuen Thread zu starten, um nicht in GBD's Thema zu weit abzuschweifen. Da marcello nur einen Teil meiner Aussage zitiert hat, möchte ich nochmals die auf die Probleme hinweisen.
The trend is your friend
Eine schöne Aussage, gegen die nichts einzuwenden ist. Allerdings ist die praktische Anwendung mit Tücken behaftet. Im Nachhinein zu sagen, wieviel man hätte gewinnen können, wenn man rechtzeitig eingestiegen wäre und dann nur gewartet hätte ist sehr einfach. Es stellen sich aber folgende Probleme:
- Am Hoch- oder Tiefpunkt eines Trends einzusteigen bedeutet, gegen den aktuellen Trend zu handeln
- Eine mögliche Boden- oder Topformation erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Trendwende, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich immer noch um eine Gegenbewegung im übergeordneten Trend handeln kann.
- Ein Wiedereinstieg in einen Trend ist nicht so einfach, wie es im Nachhinein scheint. Je stärker der Trend, desto kleiner sind die Korrekturen und umso schwieriger wird es, einen sinnvollen Stop zu setzen.
- Man darf die Stärke eines Trends nicht unterschätzen. Trotzdem kommt irgendwann der Moment wo man sich fragen muss, ob das Risiko eines Wiedereinstiegs nicht zu gross ist. Dann ist toubeli's erster Teil seines Zitates schnell einmal sehr hilfreich...
[COLOR= #0000FF]Lieber, ich wünsche mir ich wär im Markt, und bins nicht,[/COLOR] als ich bin drinn und wünschte ich wär draussen.
Zuerst müssen wir uns nochmals in Erinnerung rufen, wie wir einen Trend definieren. Ein higher High und ein lower Low im Aufwärtstrend und umgekehrt im Abwärtstrend. Nun können wir aber in einem kurzfristigen Zeitfenster einen Abwärtstrend haben, im längerfristigen Zeitfenster dagegen einen Aufwärtstrend. Elliott hat deshalb in seiner Wellentheorie die Bewegungen in verschiedene Wellengrade eingeteilt und das macht für mich auch Sinn. Natürlich ist es auch da nicht immer einfach, welchem Grad man eine Welle zuordnen soll. Für eine Diskussion ist es aber sicher hilfreich, wenn man zumindest von übergeordneten, oder untergeordneten Wellen oder eben Trends sprechen kann. Elliott hat einen Trend in Impuls- und Korrekturwellen eingeteilt, man könnte sie auch als Antriebs- und Korrekturwellen bezeichnen. "Action - Reaction" wurde auch schon in einem Thread von TCCH angesprochen und zielt in die gleiche Richtung.
Wann beginnt nun ein neuer Trend und wann ist ein alter zu Ende? Wenn man einen Chart in der Rückschau sieht, ist es natürlich ganz einfach, die Hoch- und Tiefpunkte zu definieren. Steht man aber aktuell an einem solchen Tiefpunkt, handelt man zu diesem Zeitpunkt gegen den aktuellen Trend, wenn man long geht. Selbst wenn nun ein higher High und higher Low gemacht wird, kann es sich um eine untergeordnete Welle handeln, solange nicht das Hoch des alten Trends übertroffen ist. Eine Hilfe kann sein, wenn man eine Bodenformation sieht wie z.B. eine SKS oder Doppelboden. Trendindikatoren haben auch immer eine gewisse Nachlaufzeit und wenn es sich nicht um einen starken Trend handelt ist er manchmal schon fast vorbei, wenn der Indikator eine neue Richtung anzeigt. Besonders krass zeigt sich dies bei sehr schnellen Wechseln wie z.B. einer V-Formation.
Hilfreich kann auch die Betrachtung von Action/Reaction sein. Auf einen schnellen Anstieg kann man eine gemächliche Gegenbewegung erwarten, aber auch das ist nicht in Stein gemeisselt. Ich habe auch schon mehrmals gesehen, dass es zu Beginn nach einer gemässigten Korrektur aussah, welcher dann doch noch eine schnelle Bewegung folgte. Je stärker der Trend ist, desto kleiner sind die Korrekturen und das macht einen allfälligen Wiedereinstieg auch nicht einfacher.
Man kann eine Beurteilung des Trends vornehmen, indem man eine optische Bewertung von der Aktions- zur Reaktionswelle vornimmt. Überschneiden sich die Wellen? Geht also die laufende Welle zurück unter das vorangegangene Hoch oder ist viel Luft zwischen dem letzten Hoch und dem neuen Tief? Am schwierigsten wird es, wenn sich eine Welle zuerst langsam entwickelt und erst später Fahrt aufnimmt.
Es ist offensichtlich, dass man mit dem Trend die besseren Karten hat, weil die Bewegung in die Hauptrichtung grösser sind als die Gegenbewegungen. Tradet man aber eine Gegenbewegung in der Meinung, dass sich der Trend fortsetzt und es ist dann die erste Bewegung eines neuen Trends, steht man ziemlich schlecht da. Zu bestimmen, in welcher Phase man sich in einem Trend befindet ist also viel schwieriger als es auf den ersten Blick scheint.