Gibt es zum vorstehenden Börsencrash 2008 / 2009 Paralellen zur heutigen Börsenlage im Jahr 2014?
Ja, gibt es!Kurz zusammengefasst war die Krise 2008 eine Verschuldungskrise. Eine Krise also, die dadurch ausgelöst worden war, weil sich zu viele Private/Firmen/Banken zu hoch verschuldet hatten. Insbesondere im US-Immobilienmarkt, der irgend wann einfach
zusammenbrechen musste!
Das interessante an der Krise 2008 war der Dominoeffekt: Eine Bank geht Pleite. Dadurch kommt eine zweite und dritte Bank in Schwierigkeiten, weil sie Ausstände von Bank 1 nicht mehr einfordern kann. Entsprechend kriegen Banken 4, 5, 6 und 7 Probleme, die ihrerseits Forderungen gegenüber Bank 2 und 3 haben ... usw.
Die Prämisse = Verschuldung gilt heute eben so wie 2008. Nur mit dem Unterschied, dass die Verschuldung heute 2-4 mal so hoch ist wie 2008. Entsprechend dürfte auch die nächste Krise weitaus schlimmer werden als jene von 2008. Aber der Reihe nach:
Krisen entstehen immer dann, wenn sich Ungleichgewichte aufgebaut haben (aka. "eine Blase entsteht") und danach der notwendige Bereinigungsprozess crashartig abläuft.
2000 waren es die Überkapazitäten im dotcom-Sektor. Man erinnere sich nur an die astronomischen Beträge, die in Deutschland oder Frankreich für UMTS-Lizenzen bezahlt haben.
2008 waren es die Fehlallokationen im Immobilien-Sektor.
Derzeit sind es die Anleihen, insbesondere die Staatsschulden.
Was ist heute gleich bzw. anders im Vergleich zu 2008?
Gleich wie 2008
* Hoher Anteil von Privatschuden
* Rekord-hoher Anteil von auf Kredit gekauften Aktien
Unterschiede zu 2008
* Die Schuldenlast insgesamt beträgt mehr als das Doppelte von 2008
* Heute: Sinkende Beschäftigungsquote
* Die Blase ist eine andere: Heute die Anleihenblase, 2008 waren es die Immobilien
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Natürlich wissen wir nicht, ob die aktuelle Blase 2014, 2015, 2016 oder noch später platzt. Es gibt auch Leute, die der Meinung sind, die Schulden seien kein Problem und die Schulden können unendlich lange ausgeweitet werden.
Nun, "unendlich" gibt es in einer endlichen Welt ohnehin nicht. Rein mathematisch betrachtet ist für einen Staat dann "Game-Over", wenn die Zinszahlungen die Steuereinnahmen übertreffen. Der Staat hätte dann kein Geld mehr um seinen eigentlichen Aufgaben nachzukommen und müsste ständig neue Schulden aufbauen, alleine um die Zinsen zu zahlen. Spätestens dann (wahrscheinlich aber schon sehr viel früher) würde der Staat und die Währung an Vertrauen verlieren.
Weiterhin kursiert die Hoffnung, dass die aktuelle Blase statt zu platzen langsam und marktschonend abgebaut werden könnte.
Das hat weder im Jahr 2008 noch im Jahr 2000 geklappt und bei anderen Blasen auch noch nie. Aber - die Hoffnung stirbt zuletzt!
Impliziert Deine Frage die Frage nach "soll ich jetzt Aktien verkaufen?"
Meine Antwort: Ich weiss es nicht! Es ist gut möglich, dass sich die Schuldenblase noch weitere aufbläht und somit auch die Preise für Aktien weiter steigen. Wir werden zwar vermutlich nicht mehr ein Jahr wie 2013 erleben mit +30% Inflation der Aktienpreise aber es kann durchaus noch weiter mit dem Aktienbullen gehen. Bis ... tja, bis es dann nicht mehr weiter geht und die Blase platzt.
Nochmals zur Erinnerung:
2000 war es das Platzen einer Aktienblase, vor allem im Markt der neuen Technologien (Nasdaq, NEMAX). Insofern war es gerechtfertigt, dass die Aktienpreise bachab gingen.
2008 war es das Platzen der Immobilienblase. Also war es nur bedingt gerechtfertigt, dass Aktien bachab gingen. Zumindest: Alle ausser FIRE (Finance, Insurance, Real-Estate)
201? wird es das Platzen der Anleihenblase sein und somit eine Blase, die doppelt so gross ist wie der Aktienmarkt. Die wird aller Wahrscheinlichkeit ebenfalls den Aktienmarkt um real 50% ins Minus reissen.
Also: Der Aktienmarkt kann noch gut und gerne 10%, 20%, 50% oder gar 100% steigen, bevor die Blase platzt und ihn halbiert. Die Crux ist, wir wissen nicht, ob und wann das passiert.
In einer idealen Welt würden wir den Aktienbullen bis zum Tag X-1 reiten, dann alles verkaufen, das Tief des Crashs abwarten und dann doppelt so viele Aktien zurückkaufen. Aber da wir nicht wissen, wann Tag X eintrifft, bringt uns das leider keinen Millimeter weiter an die Lösung. So wie ich Dich bisher verstanden habe, bist Du als Langfrist-Anleger bereit und gewillt, bis zum bitteren Ende Deine Aktien zu halten und durch den Crash durchzuziehen. Selbst wenn dies im Gegensatz zu 2000/2008 keine kurze Durststrecke von 3 Jahren bedeutet sondern von 10-25 Jahren (letzteres, falls die Zinsen anziehen).
Können wir den Tag X (also das mehrjährige Allzeithoch mit anschliessender brutalen Korrektur) erkennen?
Nein, können wir nicht. Denn wir werden nicht in der Lage sein, zu unterscheiden, ob die Korrektur am Tag X+1 nur eine Korrektur im ansonsten stabilen Bullenmarkt ist oder der Anfang-vom-Ende.
Es wird einen unscheinbaren Auslöser geben, der für die Korrektur verantwortlich gemacht werden wird: Sei es (aus heutiger Sicht) die Integration der Ost-Ukraine in Russland, massiver Verkauf von US-Treasuries durch die Chinesen oder Inder, ein neuer Krieg im Mittleren Osten ... etc.
Die Börsen werden um vielleicht 5-10% in die Knie gehen, was entsprechend kommentiert werden wird als
"Übertriebene Reaktion ... , die zittrigen Hände verkaufen, jetzt ist die ideale Gelegenheit, um sein PF aufzumöbeln ..., es hat sich ja fundamental seit letzter Woche nichts verändert ... etc."
Wenn dann drei Wochen später die Börsen 30% unter dem Hoch stehen, kommen Sprüche wie:
* Hätte ich doch vor drei Wochen verkauft
* Jetzt ist es eh zu spät zu verkaufen, jetzt ziehe ich das durch
... (hab' ich alles live miterlebt um 2000+ und 2008+)
Kurz: Die Krise wird uns alle (oder die meisten) überraschen und wir werden die Krise viel zu spät als solche erkennen!
Was meiner Meinung nach bei der nächsten Krise erschwerend hinzu kommt ist, dass es keine Rettungsanker mehr gibt:
Die Krise 2000 konnte von der Fed noch locker aufgefangen werden. Jene von 2008 bereits nicht mehr. Da mussten die Staaten mit ins Rettungsboot gezogen werden. Aber wer rettet die Staaten?
Das heisst, dass nach meiner Einschätzung eben nicht nur einzelne Firmen und Banken in Mitleidenschaft gezogen werden sondern ganze Staaten und Währungssysteme.
Aber eben
"meine Einschätzung". Und die ist nicht unbedingt für jedermann nachvollziehbar.