Guten Tag,
Werde mich nun MFs challenge stellen und vertieft auf das Deflations- Thema eingehen.
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Somit dürfte es klar sein, dass die Zentralbanken dazu gezwungen werden selbst Assets aufzukaufen. Klar, gewisse Zentralbanken übertreiben hier masslos. Dennoch ist es wichtig zu erkennen dass die Zentralbanken zur Wahrung der Stabilität neues Geld selbst drucken und Assets aufkaufen müssen.
Ich bin mit allem einverstanden, möchte den Gedanken aber weiterziehen:
Es ist richtig, dass die Banken Geld über Kreditvergabe schöpfen. Du hast auch erwähnt, dass hierfür ein Asset, ein noch unbesichertes Pfand hinterlegt werden muss.
Spinnen wir diesen Gedanken nun weiter, dann können wir sagen, dass die Summe aller durch Banken vergebene Kredite niemals höher sein kann als die Summe aller verpfändbaren Sachwerte. Abzüglich der 2.5% Mindestreserve. Das heisst: In dem Moment, wo alle Häuser, Wiesen, Felder, Maschinen, Autos, Goldbarren bis zum Anschlag belastet sind, kann es durch die Banken keine weitere Geldschöpfung mehr geben. Bzw. nur noch in dem Ausmass, wie neue Pfänder produziert werden.
Worauf Du nicht eingegangen bist ist die Ausnahme des Staates. Der Staat hat als einzige Partei die Möglichkeit, sich direkt bei der Zentralbank zu verschulden, ohne dafür ein Pfand hinterlegen zu müssen! Mit Ausnahme der Schweiz wird in allen wichtigen Ländern davon auch reger Gebrauch gemacht (USA, EU, GB, J). Dies ist wichtig zu wissen, denn wenn die Banken kein Geld mehr schöpfen, weil es keine willigen Schuldner mehr gibt, muss der Staat als Schuldner in die Bresche springen, um eine Deflation zu verhindern. Theoretisch kann sich der Staat beliebig hoch verschulden. Die natürliche Grenze wird durch die Zinsen gesetzt, die über Steuereinnahmen gedeckt werden müssen. Spätestens, wenn alle Steuereinnahmen für Zinsen drauf gehen, ist "Game Over". in der Realität natürlich schon vorher, wenn kein Beamter mehr bezahlt werden kann.
Die BIZ rechnet, dass ein Staat handlungsunfähig wird, wenn die Zinsen 40%+ der Steuereinnahmen ausmachen.
Weiterhin, wenn auch nicht sonderlich relevant, kann jeder Privatmann Geld schöpfen. Wenn Du im Restaurant Deine Rechnung von Fr. 100.- mittels Kreditkarte bezahlst, hast auch Du die Geldmenge um Fr. 100.- erhöht. Zumindest so lange, bis Du die Rechnung der Kreditkartenfirma bezahlt hast.
Bezahlst Du im Restaurant in bar oder mit EC-Karte (also Kontoübertrag von Deinem Konto auf das Konto des Restaurants), hast Du Geldmenge nicht erhöht.
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Zum Infla-Defla-Szenario sehe ich zwei Möglichkeiten:
Einerseits, das Szenario der Deflation. Hintergrund: Die Menschen sehen, dass die Schulden so hoch sind, dass die Schulden niemals bezahlt werden können. Entsprechend nehmen sie keine Kredite in Anspruch und versuchen, bestehende Schulden abzubauen. Hinzu kommt, wie Du beschrieben hast, dass auch die Banken aus denselben Gründen keine Kredite mehr vergeben wollen. Beides geht also Hand in Hand und verstärkt sich.
Da nun jeder versucht, Geld zu horten, wird das Geld knapp. Im Spiel "Reise nach Jerusalem" ist das exakt jener Moment, in dem die Musik aufhört zu spielen und die Kinder begreifen, dass es zu wenig Stühle hat.
In einem starren Geldsystem wie Goldstandard, würde nun dasselbe passieren wie 1930ff, nämlich ein deflationärer Schock, der die Wirtschaft lähmt und die Arbeitslosigkeit steigen lässt, bis alle Schulden auf die eine oder andere Art vernichtet sind.
In unserem Fiat-System passiert jedoch etwas anderes: Die Zentralbank beginnt nun massiv mit dem Gelddrucken, wie es Ben Bernanke ja schon in seiner berühmten
Helikopter-Rede vom November 2002 angekündigt hat.
Das kann z.B. so aussehen, dass die Fed direkt Hypotheken oder Studentendarlehen übernimmt, um Geld an den Banken vorbei in den Markt zu pressen.
Wenn das passiert, bekommen wir innert kurzer Zeit eine Hyperinflation.
Das zweite Szenario wäre eine "normale" Teuerung. "Normal" im Sinn von 4-10%, ausgelöst durch die steigenden Zinsen.
In diesem Fall bekämen wir eine massive Asset-Deflation. Also einen erneuten Crash bei den Immobilien sowie bei Aktien und Anleihen. Rohstoffe würden im Preis mindestens in Höhe der Teuerung steigen.
Das grosse Ausrufezeichen muss beim ersten Szenario gesetzt werden.
Deflation und Hyperinflation sind nämlich sehr nahe Verwandte. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass wir eine Deflation, unmittelbar gefolgt von einer Hyperinflation sehen werden.
Die Tiefe der Deflation ist abhängig von der Geschwindigkeit und Höhe der Massnahmen (aka. Gelddruckerei) der Zentralbanken.
So wie ich Bernanke einschätze, wird er beim geringsten Anzeichen von Deflation die Druckerpresse anwerfen, denn vor nichts hat er mehr Angst!
(
"Deflation, make sure it doesn't happen here!")
Die meisten Menschen betrachten Hyperinflation und Deflation als etwas Gegensätzliches. Die Begründung liegt auf der Hand: Das eine ist eine sehr hohe Teuerung, das andere eine negative. Dennoch sind beide sehr eng Verwandt, denn beide bedeuten einen massiven Vertrauensverlust. In Regierung, Staat, Politik und in Geld.
Bei der Deflation ist es der Vertrauensverlust in die Fähigkeit, die Schulden zu bezahlen.
Hyperinflation ist Vertrauensverlust in den Werterhalt des Geldes.
Die nächste Krise wird deshalb ausgelöst von Vertrauensverlust. Wo zuerst, was der Auslöser sein wird und wann das passieren wird, kann allerdings niemand beantworten.