Es ist schon wieder Zeit für einen neuen Eröffnungsthread. Dabei gibt es eigentlich gar nichts Neues, denn makroökonomisch hat sich nichts verändert.
Aber der Reihe nach:
Fassen wir zuerst das grosse Bild zusammen, das im Wesentlichen seit über einem Jahr unverändert ist:
Die Zentralbanken drucken weiterhin frisches Geld, das irgend wo hin fliessen muss und Anleihen und Aktien sind offenbar die bevorzugten Parkplätze. Die Wirtschaft erholt sich, wenn auch nur anämisch.
Aktien sind zwar derzeit überbewertet aber weiterhin alternativlos. Wo wollte man sein Geld auch sonst parken ausser im Aktienmarkt? Gute Anleihen werfen - wenn überhaupt - so wenig Rendite ab wie ein Sparbuch nämlich unter 1%. Immobilien sind erstens nicht jedermanns Sache und in der Schweiz ebenfalls wieder auf sehr hohem Niveau. Rohstoffe bleiben weiterhin uninteressant, denn weit und breit ist keine Teuerung in Sicht.
Aus der etwas kürzeren Sicht von einigen Monaten:
Politische Börsen werden derzeit offenbar nicht gespielt. Die sich zuspitzende Kriegsgefahr rund um die Ukraine hätte zwar eigentlich das Potenzial für einbrechende Märtke gehabt aber offenbar glaubt niemand so recht an einen Krieg mit Einsatz von NATO-Truppen. Es gab zwar ab Mitte Juli einen kurzen Einbruch um etwa 5% an den Aktienmärkten aber der ist mittlerweile wieder ausgeglichen. SMI steht kurz unter seinem Allzeithoch vom Juni, der S&P500 sogar darüber.
Auch die klassischen Krisen-Assets Öl und Gold stehen immer noch dort, wo sie schon Anfang Jahr standen: Öl pendelt um die $100, Gold um die $1300. Von Krisen-Angst oder Kriegs-Angst also keine Spur.
Die aktuelle Marktstimmung kann man am treffendsten auf englisch mit dem Wort "complacency" umschreiben, was leo.org übersetzt als "Selbstzufriedenheit", "Wohlbehagen", "Gleichgültigkeit", "Nachlässigkeit". Kurz: Langeweile pur. Keine Begeisterung, keine Angst.
Wie geht es kurz- und mittelfristig weiter?
Man kann argumentieren, dass dieser Zustand der Lethargie durchaus die Basis bildet für überraschende Börsenbewegungen. Nach oben wie auch nach unten. Aber da man Schwarze Schwäne nie kommen sieht, kann man sie auch nicht prognostizieren und timen.
Der nächste grössere Impuls von dem wir wissen, liegt in weiter Ferne und betrifft eine eventuelle Zinserhöhung der Fed, die etwa für März 2015 erwartet wird. Selbst das erwartete Auslaufen von QE3 etwa im Oktober dürfte bereits vollständig eingepreist sein. Es bietet keinerlei Überraschungspotenzial.
Sofern sich also keine unerwarteten Schwarzen Schwäne zeigen, die Zinsen auf rekord-niedrigem Niveau bleiben und die Lage in der Ukraine überblickbar bleibt, spricht alles dafür, dass die Märkte auch im kommenden September ihren Trott begeisterungslos aber in der Tendenz steigend fortführen werden. Auch wenn es nach neuem ATH im S&P500 eine weitere Korrektur so gegen den 10. September geben dürfte.
Wie geht es langfristig weiter?
Wenn etwa im Januar 2015 die Wachstumszahlen Europas veröffentlicht werden, dürfte es nach meiner Einschätzung zu einem Schub nach oben kommen.
Wir erinnern uns, dass die USA per 1. August 2013 die Berechnungsmethode für das GDP geändert haben. Seither werden Produktion von Filmen oder Büchern, Forschung&Entwicklung etc. mit ins GDP eingerechnet, was diesem zwischen 1.7% und 3% bringt. (siehe hier: http://www.rottmeyer.de/neue-berechnungsmethode-steigert-das-us-bruttoinlandsprodukt/ ).
Über Sinn und Zweck dieser statistischen Anpassung kann man streiten. Ob also bereits die Produktion eines Filmes (der vielleicht nie geschaut wird) dem GDP etwas bringt oder erst dessen Verkauf, Kino-Einnahmen etc.
Wie auch immer. Die neue Berechnungsmethode ist nun mal Fakt.
Ab morgen, dem 1.9.2014, wird Europa ebenfalls mit diesen neuen Berechnungsmethoden arbeiten. Entsprechend werden die Zahlen für das Q3 2014 überraschend gut ausfallen.
Besonders interessant ist Italien (derzeit in der dritten Rezession seit 2008), das zusätzlich auch die Schattenwirtschaft mit einbezieht. Das sind namentlich die geschätzten Umsätze, die die Mafia mit Geldwäscherei, Drogenhandel und Prostitution erzielt. Da die Mafia bekanntlich keine Steuererklärung abgibt, die ihre illegale Tätigkeit belegen, wird es sich hierbei um reine Schätzungen der italienischen Statistiker handeln. Und da gibt es natürlich jede Menge Phantasiepotenzial.
Sollte sich also Italien im Januar unerwartet aus der Rezession katapultiert haben, wissen wir, woran das liegt
Ein weiterer Punkt, der von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurde, weil er etwa zeitgleich mit dem Abschuss der MH17 passierte:
Die BRICS-Staaten haben am 15. Juli 2014 als Konkurrenz zum IWF ihre eigene BRICS-Bank gegründet. Die BRICS-Staaten repräsentieren zusammen 40% der Weltbevölkerung und 25% des Welt-GDP. Somit ist das nicht zu unterschätzen. Vor allem, weil davon auszugehen ist, dass sich weitere Zweit- und Drittweltländer umorientieren dürften.
Ziel der BRICS-Bank (auch wenn das öffentlich nicht so ausgesprochen wird) dürfte sein, vom Dollar als Welt-Leit und -Handelswährung unabhängiger zu werden und den Handel entsprechend in Lokalwährungen (Rubel, Yuan ..) auszubauen. Entsprechend dürfte der nächste Schritt dahin gehen, einen Währungskorb zu schaffen, in dem neben Dollar, Euro, Pfund und Yen neu auch Renmimbi, Rubel, Real, Rand, Gold und evlt. Erdöl hinzu kommen.
Langfristig dürfte deshalb die Nachfrage nach Dollars sinken und somit auch sein Preis und seine Bedeutung.
Finanzielle Sanktionen der USA, wie sie gegen den Iran und neuerdings auch gegen Russland bestehen, verlieren dann an Biss.
Fazit
Um eine Analogie zum Wetter zu nehmen: Ich erwarte für den nächsten Monat weder eine Hitzewelle noch einen Sturm sondern meist freundliches, leicht bewölktes Wetter mit einigen kurzen Regenschauern ab und zu.
Happy Trades!
Aber der Reihe nach:
Fassen wir zuerst das grosse Bild zusammen, das im Wesentlichen seit über einem Jahr unverändert ist:
Die Zentralbanken drucken weiterhin frisches Geld, das irgend wo hin fliessen muss und Anleihen und Aktien sind offenbar die bevorzugten Parkplätze. Die Wirtschaft erholt sich, wenn auch nur anämisch.
Aktien sind zwar derzeit überbewertet aber weiterhin alternativlos. Wo wollte man sein Geld auch sonst parken ausser im Aktienmarkt? Gute Anleihen werfen - wenn überhaupt - so wenig Rendite ab wie ein Sparbuch nämlich unter 1%. Immobilien sind erstens nicht jedermanns Sache und in der Schweiz ebenfalls wieder auf sehr hohem Niveau. Rohstoffe bleiben weiterhin uninteressant, denn weit und breit ist keine Teuerung in Sicht.
Aus der etwas kürzeren Sicht von einigen Monaten:
Politische Börsen werden derzeit offenbar nicht gespielt. Die sich zuspitzende Kriegsgefahr rund um die Ukraine hätte zwar eigentlich das Potenzial für einbrechende Märtke gehabt aber offenbar glaubt niemand so recht an einen Krieg mit Einsatz von NATO-Truppen. Es gab zwar ab Mitte Juli einen kurzen Einbruch um etwa 5% an den Aktienmärkten aber der ist mittlerweile wieder ausgeglichen. SMI steht kurz unter seinem Allzeithoch vom Juni, der S&P500 sogar darüber.
Auch die klassischen Krisen-Assets Öl und Gold stehen immer noch dort, wo sie schon Anfang Jahr standen: Öl pendelt um die $100, Gold um die $1300. Von Krisen-Angst oder Kriegs-Angst also keine Spur.
Die aktuelle Marktstimmung kann man am treffendsten auf englisch mit dem Wort "complacency" umschreiben, was leo.org übersetzt als "Selbstzufriedenheit", "Wohlbehagen", "Gleichgültigkeit", "Nachlässigkeit". Kurz: Langeweile pur. Keine Begeisterung, keine Angst.
Wie geht es kurz- und mittelfristig weiter?
Man kann argumentieren, dass dieser Zustand der Lethargie durchaus die Basis bildet für überraschende Börsenbewegungen. Nach oben wie auch nach unten. Aber da man Schwarze Schwäne nie kommen sieht, kann man sie auch nicht prognostizieren und timen.
Der nächste grössere Impuls von dem wir wissen, liegt in weiter Ferne und betrifft eine eventuelle Zinserhöhung der Fed, die etwa für März 2015 erwartet wird. Selbst das erwartete Auslaufen von QE3 etwa im Oktober dürfte bereits vollständig eingepreist sein. Es bietet keinerlei Überraschungspotenzial.
Sofern sich also keine unerwarteten Schwarzen Schwäne zeigen, die Zinsen auf rekord-niedrigem Niveau bleiben und die Lage in der Ukraine überblickbar bleibt, spricht alles dafür, dass die Märkte auch im kommenden September ihren Trott begeisterungslos aber in der Tendenz steigend fortführen werden. Auch wenn es nach neuem ATH im S&P500 eine weitere Korrektur so gegen den 10. September geben dürfte.
Wie geht es langfristig weiter?
Wenn etwa im Januar 2015 die Wachstumszahlen Europas veröffentlicht werden, dürfte es nach meiner Einschätzung zu einem Schub nach oben kommen.
Wir erinnern uns, dass die USA per 1. August 2013 die Berechnungsmethode für das GDP geändert haben. Seither werden Produktion von Filmen oder Büchern, Forschung&Entwicklung etc. mit ins GDP eingerechnet, was diesem zwischen 1.7% und 3% bringt. (siehe hier: http://www.rottmeyer.de/neue-berechnungsmethode-steigert-das-us-bruttoinlandsprodukt/ ).
Über Sinn und Zweck dieser statistischen Anpassung kann man streiten. Ob also bereits die Produktion eines Filmes (der vielleicht nie geschaut wird) dem GDP etwas bringt oder erst dessen Verkauf, Kino-Einnahmen etc.
Wie auch immer. Die neue Berechnungsmethode ist nun mal Fakt.
Ab morgen, dem 1.9.2014, wird Europa ebenfalls mit diesen neuen Berechnungsmethoden arbeiten. Entsprechend werden die Zahlen für das Q3 2014 überraschend gut ausfallen.
Besonders interessant ist Italien (derzeit in der dritten Rezession seit 2008), das zusätzlich auch die Schattenwirtschaft mit einbezieht. Das sind namentlich die geschätzten Umsätze, die die Mafia mit Geldwäscherei, Drogenhandel und Prostitution erzielt. Da die Mafia bekanntlich keine Steuererklärung abgibt, die ihre illegale Tätigkeit belegen, wird es sich hierbei um reine Schätzungen der italienischen Statistiker handeln. Und da gibt es natürlich jede Menge Phantasiepotenzial.
Sollte sich also Italien im Januar unerwartet aus der Rezession katapultiert haben, wissen wir, woran das liegt
Ein weiterer Punkt, der von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurde, weil er etwa zeitgleich mit dem Abschuss der MH17 passierte:
Die BRICS-Staaten haben am 15. Juli 2014 als Konkurrenz zum IWF ihre eigene BRICS-Bank gegründet. Die BRICS-Staaten repräsentieren zusammen 40% der Weltbevölkerung und 25% des Welt-GDP. Somit ist das nicht zu unterschätzen. Vor allem, weil davon auszugehen ist, dass sich weitere Zweit- und Drittweltländer umorientieren dürften.
Ziel der BRICS-Bank (auch wenn das öffentlich nicht so ausgesprochen wird) dürfte sein, vom Dollar als Welt-Leit und -Handelswährung unabhängiger zu werden und den Handel entsprechend in Lokalwährungen (Rubel, Yuan ..) auszubauen. Entsprechend dürfte der nächste Schritt dahin gehen, einen Währungskorb zu schaffen, in dem neben Dollar, Euro, Pfund und Yen neu auch Renmimbi, Rubel, Real, Rand, Gold und evlt. Erdöl hinzu kommen.
Langfristig dürfte deshalb die Nachfrage nach Dollars sinken und somit auch sein Preis und seine Bedeutung.
Finanzielle Sanktionen der USA, wie sie gegen den Iran und neuerdings auch gegen Russland bestehen, verlieren dann an Biss.
Fazit
Um eine Analogie zum Wetter zu nehmen: Ich erwarte für den nächsten Monat weder eine Hitzewelle noch einen Sturm sondern meist freundliches, leicht bewölktes Wetter mit einigen kurzen Regenschauern ab und zu.
Happy Trades!