Versuchen wir mal festzuhalten, wo wir derzeit stehen, welche Szenarien derzeit gespielt werden und wie die Reise weitergehen könnte.
Dieses Post ist sozusagen eine Zusammenfassung dessen, was wir in den letzten Wochen an Informationen bereits gepostet haben. Also nichts neues aber vielleicht dennoch nützlich als Zusammenfassung.
Das wohl wichtigste Ereignis des letzten Monats war die Rede von Bernanke nach dem FOMC-Meeting vom 22. Mai.
Zusammengefasst spielt die Fed mit dem Gedanken, QE3 ab Herbst 2013 zurückzufahren und ggf. per 2014/15 ganz zu stoppen.
Konkret spielt der Markt derzeit das Szenario, dass QE3 von derzeit 85 Mrd. pro Monat auf 65 Mrd. im Oktober 2013 zurückgefahren wird.
Die Gelddruckerei geht also weiter, allerdings wird die Geschwindigkeit reduziert. Bernanke steigt nicht auf die Bremse aber er geht vom Gas.
Bernanke macht die Reduktion allerdings von der wirtschaftlichen Entwicklung der USA abhängig. Massgebende Pivots sind eine Arbeitslosenquote von 6.5% (derzeit noch 7.6%) sowie ein Wirtschaftswachstum von 2.6% 2013 bzw. 3.5% 2014
Aber bleiben wir vorerst noch in der Gegenwart: Die Rede Bernankes war wie gesagt am 22. Mai und am 24. Mai haben die Aktienmärkte ihr letztes Hoch markiert. Seither preisen die Märkte eine Straffung der US-Geldpolitik ein. Anleihenmarkt, Aktienmärkte, Rohstoffe, Gold sind seither im Sinkflug und preisen steigende Zinsen ein.
Betrachten wir das in globalem Zusammenhang der wichtigsten Währungen
Europa: Hier steht das OMT (Outright Money Transaction) Programm vor der Einführung. Die Bundesbank dürfte mit ihrer Klage gegen die EZB wohl scheitern. Damit würde die EZB nach LTRO, ESM und EFSF die Buchstabensuppe um ein weiteres Element erweitern. Bei OMT würden direkt Staatsanleihen und evtl. auch Aktien von der EZB aufgekauft. Man spricht von einem Volumen von 500 Mrd. Euro. Europa folgt also dem Weg, den die USA mit QE3 eingeschlagen haben und setzt sogar noch einen drauf.
--> Steigende Euro-Geldmenge schwächt den Euro
Japan: Das wohl extremste Beispiel der letzten Jahre. Die Geldmenge soll praktisch verdoppelt werden. Ziel: Die Inflation auf 2% zu treiben. Verglichen mit einem Kampfflugzeug würde die Analogie mit dem Nachbrenner passen. Entsprechend hat der Yen seit Anfang Jahr 20% auf den Euro und 22.5% auf den Dollar eingebüsst.
--> Starke Ausweitung der Geldmenge, starke Schwächung des Yen.
Grossbritannien: Der bestehende Zentralbankchef Sir Mervyn Allister King wird durch den kanadischen Investmentbanker (ex. Goldman Sachs und zuletzt Chef der Zentralbank Kanadas) Mark Joseph Carney ersetzt. Carney hat in Kanada ganz bewusst eine Immobilienblase aufgebaut, um die kanadische Wirtschaft zu stabilisieren. Vergleich Carney King (youtube) siehe
Es ist zu erwarten, dass er diese Politik auch für GB einsetzen wird.
--> Ausweitung der Pfundmenge, Schwächung des Pfund
USA: Entgegen den drei anderen grossen Währungsräumen will Bernanke den gegenteiligen Weg gehen. Also QE3 reduzieren wie oben erwähnt.
--> Geschwindigkeit der Ausweitung der Dollarmenge sinkt, Stärkung des Dollar
Schweiz: Da der Franken eng an den Euro geknüpft ist, siehe oben, Europa.
Gold: Wird vielleicht nicht mehr sehr viel weiter unter $1300 sinken, bleibt aber weiterhin unter Druck.
--> Geschwindigkeit der Ausweitung der Goldmenge weiterhin Konstant bei 1.5 bis 1.7% pro Jahr.
Bis hierher bedeutet das, dass für die nächsten Wochen und Monate und bis obenstehende Szenarien vollständig eingepreist sind, der Dollar das wohl einzig steigende Investment sein wird. Der Dollar wird Anleihen, Aktien, Gold outperformen.
Spannungen im Geldmarkt
Während GB, EU, J nun auf Inflation der Geldmenge setzen, gehen die USA vom Gas. Das erzeugt Spannungen. Gehen wir's mal durch:
Wir sehen für die USA einen steigenden Dollar und steigende Zinsen.
Ein steigender Dollar ist schlecht für den US-Export. Steigende Zinsen werden zusätzlich die Selbstkosten für US-Produkte erhöhen. Hinzu kommt, dass bei steigenden Zinsen die Zinszahlungen des stark verschuldeten Staates (16 Billionen Schulden, ca. 450 Mrd. Zinszahlungen pro Jahr, 21% der Steuereinnahmen) sowie der ebenso stark verschuldeten Bundesstaaten, Städte und Gemeinden steigen werden. Jedes Prozent Zinserhöhung erhöht die Zinslast des Staates um weitere 160 Mrd. oder knapp 8% der Steuereinnahmen.
Es stellt sich somit die Frage, wie der Staat mit dieser Situation umgehen wird. Zur Auswahl stehen:
* Höhere Neuverschuldung, was die Situation allerdings langfristig verschlimmert.
* Reduktion des Staatshaushaltes durch Sparen. Hier stellt sich die Frage, wo gespart wird. Wenn Beamte und Staatsangestellte entlassen werden, wirkt sich das negativ auf den Konsum aus (Arbeitslose fallen ja weitgehend als Konsumenten aus). Einsparungen beim Militär und in der Rüstung wären weniger dramatisch als beispielsweise die Reduktion von Feuerwehr, FBI und Polizei.
* Steuererhöhungen für Reiche (> 450'000 Jahreseinkommen) würde Geld in die Staatskasse spülen, ohne den Konsum nennenswert einbrechen zu lassen. Hier besteht allerdings die Gefahr der Steuerflucht.
Steigende Zinsen = sinkende Aktien- und Anleihenpreise.
Das ist schlecht für bestehende Besitzer von US-Aktien und Anleihen. Sobald sich hier die Preise allerdings ausgekotzt (= auf niedrigerem Niveau stabilisiert) haben, bieten sie einen guten Einstieg vor allem für nicht-US Investoren. Die profitieren dann nämlich sowohl von höheren Renditen als auch von einem stärkeren Dollar im Vergleich zu ihrer Heimatwährung.
US-Exporte werden wegen des steigenden Dollars vermehrt unter Druck kommen. US-Importe werden aber billiger. Da die USA immer noch netto ein Importland sind (= Handelsdefizit) dürfte die Rechnung unter dem Strich zum Vorteil der USA als Ganzes gereichen. Es gilt dann zu beobachten, ob die USA irgendwie einen Ausgleich schaffen zwischen dem Profit im Import und dem Leiden im Export.
Surprise, Surprise!
Der Markt geht von einer Reduktion von 85 auf 65 Mrd. per Oktober aus. Das wird derzeit eingepreist. Entsprechend besteht Potenzial in beide Richtungen, wenn die Fed dereinst QE3 auf ein tieferes Niveau als 65 Mrd. reduziert oder QE3 nur auf 75 Mrd. reduziert bzw. gar nicht. Im ersten Fall würden die Märkte weiter sinken, im zweiten Fall würden sie steigen. Mit Überraschungen ist also zu rechnen.
Meine Vermutung ist, dass die Fed mit diesem noch unverbindlichen "Statement of direction" einen Versuchsballon gestartet hat, um die Reaktion der Märkte zu testen.
Sollten die Märkte zu stark sinken, die Zinsen zu stark ansteigen, kann die Fed immer noch zurückkrebsen und einen anderen Weg einschlage. Sie kann sogar QE3 erweitern. Bernanke hat sich noch nicht festgelegt und alles offen gelassen.
In der Zwischenzeit dürfte er allerdings dem Druck der US-Exportindustrie - insbesondere der sehr starken Automobil-Lobby - ausgesetzt sein, die unter dem sinkenden Yen noch mehr leidet als unter dem starken Dollar. Kurz: Toyota und Honda werden ihre Position in den USA weiter ausbauen, solange der aktuelle Trend (JPY sinkt, Dollar steigt) anhält.
Ich vermute mal (Achtung, Verschwörungstheorie!), dass sich die Fed intern gewisse Limiten gesetzt hat, bis zu welchem Preis sie den Anleihen oder dem S&P500 zu sinken erlaubt, bevor sie eine Kehrtwende macht und die Gelddruckmaschine wieder anwirft. Sollte sie dazu gezwungen werden, würde das das Vertrauen in die Fed zumindest ankratzen. Es wäre dann ein Eingeständnis, die wirtschaftliche Entwicklung in den USA überschätzt zu haben. Alles in allem also ein heisser Lauf!
Szenarien
Das aus Sicht der Fed ideale Szenario: Die Märkte reagieren zwar negativ auf die angekündigten QE-Reduktionen aber die Reaktion bewegt sich innerhalb der Toleranzgrenze. Entsprechend kann die Massnahme dann durchgesetzt werden.
Aber auch hier gilt es weiterhin die Grenzwerte zu beobachten. Sollte der Markt all zu negativ reagieren, wird QE einfach wieder nach oben gefahren, die Märkte reagieren entsprechend positiv und alles ist im Lot.
Das Hauptproblem der Fed dürfte sein, die Zinsen zwar steigen (und die Märkte absinken) zu lassen, ohne dass dabei die Teuerung überhand nimmt. Denn ein Vertrauensverlust in den Dollar ist das letzte, was die Fed will! Szenario: Die Zinsen steigen, die Teuerung steigt, der Dollar kann immer weniger kaufen und gleichzeitig gehen Wirtschaft und Konsum in die Grütze.
Ein weiteres Problem der Fed dürfte sein, dass sie nicht 100% Kontrolle über den Anleihenmarkt hat. Sie kann zwar US-Staatsschulden selbst aufkaufen aber sie hat keine Kontrolle darüber, was ausländische Halter von US-Schuldpapieren wie China oder Indien mit ihren Papieren machen. Sollten die US-Schuldpapiere (US-Treasuries) weiter im Preis sinken, könnten China, Indien, Russland, Arabien und andere Länder durchaus auf die Idee kommen, diese Papiere zu verkaufen. Würden sie dies tun, würden deren Preise entsprechend sinken bzw. die Zinsen steigen. Die einzige Chance der Fed, hier Paroli zu bieten, falls der Zinsanstieg zu hoch ist wäre, diese Papiere aufzukaufen, was einer Ausweitung von QE gleichkäme. Oder aber sie lassen den freien Marke entscheiden und laufen Gefahr, dass die Zinsen unangenehm hoch steigen.
Wäre die Fed nun gezwungen, als Gegenpartei für von Chinesen verkaufte Staatsanleihen aufzutreten und QE3 entsprechend auf 100 Mrd. oder noch mehr auszuweiten, wäre das psychologisch ein negatives Signal für die Märkte. Die Mär vom Wirtschaftsaufschwung wäre nämlich nun ad-absurdum geführt und die Fed müsste eingestehen, dass ihre Prognosen für die Tonne sind.
Im Extremfall würden sich in die Phalanx der Verkäufer auch US-Pensionskassen und andere Halter von US-treasuries begeben und die Fed hätte nun echt Mühe, alles aufzukaufen. Täte sie es dennoch, könnte das fatale Auswirkungen auf das Vertrauen in den Dollar haben. Und da bekanntlich der Wert einer Fiat-Währung nur vom Vertrauen abhängig ist, könnte das zum Kollaps des Dollars führen.
Generell ist es so, dass jeder weiss, dass die USA ihre Staatsschulden niemals in Kaufkraft werden bedienen können. Die Schulden rollen jedes Jahr einfach in neue Schulden. Niemand weiss, wie lange sich dieses Ponzi-Schema noch ausweiten kann, bevor es kollabiert. Für Euro, Yen, GBP und abhängige Währungen gilt das natürlich auch.
Fed: QE Stoppen oder nicht?
Widmen wir uns der Frage, wie hoch die Chancen sind, dass die Fed den Markterwartungen folgt und QE3 per Oktober von 85 auf 65 Mrd.$ reduziert:
Dagegen spricht wie gesagt die Spannung, die zwischen der expansiven Geldpolitik von EZB, BoJ, BoE einerseits und der Fed andererseits entstehen würde. Die USA sind an einem zu starken Dollar schlicht nicht interessiert.
Die Fed möchte ihre Entscheidung von der Beschäftigungslage in den USA abhängig machen und zieht dazu die Arbeitslosenquote zu Rate, die auf 6.5% fallen müsste.
Nun, die Arbeitslosenquote sagt nur wenig über die Beschäftigungslage aus, denn sie berücksichtigt die Arbeitslosen nicht, die es aufgegeben haben, nach Arbeit zu suchen. Betrachten wir mal beides:
Hier die offizielle Arbeitslosenquote:
Zum Vergleich die Erwerbsquote. Also die Anzahl der arbeitsfähigen zwischen 16-65 jährigen, die ihre Arbeitskraft der Wirtschaft zur Verfügung stellen. Sei es, indem sie Arbeit haben oder indem sie gezielt Arbeit suchen:
Vergleichen wir beide Grafiken lässt sich unschwer erkennen, dass sowohl die Arbeitslosenquote als auch die "Labor Partizipation Rate" sinkt.
Mögliche Erklärungen:
a) Es gibt mehr Frauen, die aus dem Berufsleben freiwillig aussteigen und sich ganz der Familie widmen, weil das Einkommen des Mannes ausreicht.
b) Es gibt vermehrt Langzeitarbeitslose, die es aufgegeben haben, aktiv nach Arbeit zu suchen und die deshalb aus der Arbeitslosenstatistik herausfallen.
Sollte Option b) zutreffen - was ich vermute - hilft das zwar der offiziellen Arbeitslosenstatistik, nicht aber der Wirtschaft. in den USA werden Arbeitslose ja bekanntlich nicht so gut finanziell versorgt wie in Europa und fallen deshalb in weitaus höherem Masse als Konsumenten aus.
Böse formuliert: Sollte es ein Grossteil der aktuell noch offiziell als "Arbeitslose" registrierten Arbeitslosen aufgeben, nach Arbeit zu suchen, würden sie aus der Arbeitslosenstatistik herausfallen. Damit würde weiterhin die Beschäftigungsrate sinken, gleichzeitig aber auch die Arbeitslosenquote. Statistisch sauber, wenn auch etwas Realitätsfremd.
Das zweite Kriterium der Fed für eine allfällige Aussetzung von QE neben der Arbeitslosequote ist das Wirtschaftswachstum.
Wie ich bereits hier berichtet habe, dürfte das Wirtschaftswachstum der USA alleine aufgrund von statistischen Manipulat...... - ähhhh - Anpassungen gut 1% höher sein als es unter normalen Umständen wäre. Von daher gehe ich davon aus, dass das angestrebte Wirtschaftswachstum von 3.5% von den USA locker erreicht wird.
Wenn nicht, kann immer noch der BIP-Deflator nach unten geschraubt werden, um die Statistik zum Passen zu bringen.
---
Fazit
Eine Reduktion von QE3 wird im Moment vom Markt eingepreist. Ob es Realität wird oder nicht, wissen wir noch nicht. Sollte QE3 tatsächlich reduziert werden und die Anleihenmärkte sinken zu stark wird QE3 wieder erhöht mit Vertrauensverlust in die Fed. Sollten sich die Verluste in Grenzen halten, wird QE3 weiter reduziert oder gehalten. Allerdings mit realwirtschaftlich negativen Auswirkungen auf die US-Wirtschaft.
Unabschätzbar sind die Reaktionen, der Chinesen, Inder, Russen, Araber, die grosse Depots an US-Staatsanleihen halten. Wir wissen nicht, wie die reagieren werden, wenn die Anleihenpreise sinken.
Im besten Fall halten sich die Verluste in Grenzen, im zweitbesten Fall kann die Fed notfalls die Verluste begrenzen, im dümmsten Fall kommt es zum Anleihen-Crash.
Alles in allem sieht die Zukunft der nächsten Monate oder Jahre für die USA nach einer Durststrecke aus. Wir müssen als Anleger den Anleihen und Aktien einen Absturz zugestehen, um am Boden einzusteigen und von steigenden Renditen zu profitieren.
Sollte ein neuer Zinszyklus bevorstehen, so dürfte es in etwa 10-15 Jahren einen guten Einstieg in US-Anleihen geben. In Aktien etwas früher.
So lange die Zinsen steigen, werden Anleihen im Preis fallen. Werden die steigenden Zinsen nicht durch steigende Teuerung kompensiert, fallen auch Aktien, Rohstoffe und Gold.
Dass die Zinsen steigen, ist bereits Realität. Ob die Teuerung ebenfalls steigen wird, ist reine Spekulation. Fundamental begründet wäre, dass die Teuerung im Rahmen der Zinserhöhung steigt. Aber wissen tun wir's nicht
Wer auf steigende Teuerung setzt, setzt auf Aktien und Edelmetalle, um die Teuerung (zumindest teilweise) auszugleichen.
Wer auf konstant niedrige Teuerung trotz steigender Zinsen spekulieren will, hält sich an Anleihen und Cash.
Happy Trading!
Marcus
Dieses Post ist sozusagen eine Zusammenfassung dessen, was wir in den letzten Wochen an Informationen bereits gepostet haben. Also nichts neues aber vielleicht dennoch nützlich als Zusammenfassung.
Das wohl wichtigste Ereignis des letzten Monats war die Rede von Bernanke nach dem FOMC-Meeting vom 22. Mai.
Zusammengefasst spielt die Fed mit dem Gedanken, QE3 ab Herbst 2013 zurückzufahren und ggf. per 2014/15 ganz zu stoppen.
Konkret spielt der Markt derzeit das Szenario, dass QE3 von derzeit 85 Mrd. pro Monat auf 65 Mrd. im Oktober 2013 zurückgefahren wird.
Die Gelddruckerei geht also weiter, allerdings wird die Geschwindigkeit reduziert. Bernanke steigt nicht auf die Bremse aber er geht vom Gas.
Bernanke macht die Reduktion allerdings von der wirtschaftlichen Entwicklung der USA abhängig. Massgebende Pivots sind eine Arbeitslosenquote von 6.5% (derzeit noch 7.6%) sowie ein Wirtschaftswachstum von 2.6% 2013 bzw. 3.5% 2014
Aber bleiben wir vorerst noch in der Gegenwart: Die Rede Bernankes war wie gesagt am 22. Mai und am 24. Mai haben die Aktienmärkte ihr letztes Hoch markiert. Seither preisen die Märkte eine Straffung der US-Geldpolitik ein. Anleihenmarkt, Aktienmärkte, Rohstoffe, Gold sind seither im Sinkflug und preisen steigende Zinsen ein.
Betrachten wir das in globalem Zusammenhang der wichtigsten Währungen
Europa: Hier steht das OMT (Outright Money Transaction) Programm vor der Einführung. Die Bundesbank dürfte mit ihrer Klage gegen die EZB wohl scheitern. Damit würde die EZB nach LTRO, ESM und EFSF die Buchstabensuppe um ein weiteres Element erweitern. Bei OMT würden direkt Staatsanleihen und evtl. auch Aktien von der EZB aufgekauft. Man spricht von einem Volumen von 500 Mrd. Euro. Europa folgt also dem Weg, den die USA mit QE3 eingeschlagen haben und setzt sogar noch einen drauf.
--> Steigende Euro-Geldmenge schwächt den Euro
Japan: Das wohl extremste Beispiel der letzten Jahre. Die Geldmenge soll praktisch verdoppelt werden. Ziel: Die Inflation auf 2% zu treiben. Verglichen mit einem Kampfflugzeug würde die Analogie mit dem Nachbrenner passen. Entsprechend hat der Yen seit Anfang Jahr 20% auf den Euro und 22.5% auf den Dollar eingebüsst.
--> Starke Ausweitung der Geldmenge, starke Schwächung des Yen.
Grossbritannien: Der bestehende Zentralbankchef Sir Mervyn Allister King wird durch den kanadischen Investmentbanker (ex. Goldman Sachs und zuletzt Chef der Zentralbank Kanadas) Mark Joseph Carney ersetzt. Carney hat in Kanada ganz bewusst eine Immobilienblase aufgebaut, um die kanadische Wirtschaft zu stabilisieren. Vergleich Carney King (youtube) siehe
--> Ausweitung der Pfundmenge, Schwächung des Pfund
USA: Entgegen den drei anderen grossen Währungsräumen will Bernanke den gegenteiligen Weg gehen. Also QE3 reduzieren wie oben erwähnt.
--> Geschwindigkeit der Ausweitung der Dollarmenge sinkt, Stärkung des Dollar
Schweiz: Da der Franken eng an den Euro geknüpft ist, siehe oben, Europa.
Gold: Wird vielleicht nicht mehr sehr viel weiter unter $1300 sinken, bleibt aber weiterhin unter Druck.
--> Geschwindigkeit der Ausweitung der Goldmenge weiterhin Konstant bei 1.5 bis 1.7% pro Jahr.
Bis hierher bedeutet das, dass für die nächsten Wochen und Monate und bis obenstehende Szenarien vollständig eingepreist sind, der Dollar das wohl einzig steigende Investment sein wird. Der Dollar wird Anleihen, Aktien, Gold outperformen.
Spannungen im Geldmarkt
Während GB, EU, J nun auf Inflation der Geldmenge setzen, gehen die USA vom Gas. Das erzeugt Spannungen. Gehen wir's mal durch:
Wir sehen für die USA einen steigenden Dollar und steigende Zinsen.
Ein steigender Dollar ist schlecht für den US-Export. Steigende Zinsen werden zusätzlich die Selbstkosten für US-Produkte erhöhen. Hinzu kommt, dass bei steigenden Zinsen die Zinszahlungen des stark verschuldeten Staates (16 Billionen Schulden, ca. 450 Mrd. Zinszahlungen pro Jahr, 21% der Steuereinnahmen) sowie der ebenso stark verschuldeten Bundesstaaten, Städte und Gemeinden steigen werden. Jedes Prozent Zinserhöhung erhöht die Zinslast des Staates um weitere 160 Mrd. oder knapp 8% der Steuereinnahmen.
Es stellt sich somit die Frage, wie der Staat mit dieser Situation umgehen wird. Zur Auswahl stehen:
* Höhere Neuverschuldung, was die Situation allerdings langfristig verschlimmert.
* Reduktion des Staatshaushaltes durch Sparen. Hier stellt sich die Frage, wo gespart wird. Wenn Beamte und Staatsangestellte entlassen werden, wirkt sich das negativ auf den Konsum aus (Arbeitslose fallen ja weitgehend als Konsumenten aus). Einsparungen beim Militär und in der Rüstung wären weniger dramatisch als beispielsweise die Reduktion von Feuerwehr, FBI und Polizei.
* Steuererhöhungen für Reiche (> 450'000 Jahreseinkommen) würde Geld in die Staatskasse spülen, ohne den Konsum nennenswert einbrechen zu lassen. Hier besteht allerdings die Gefahr der Steuerflucht.
Steigende Zinsen = sinkende Aktien- und Anleihenpreise.
Das ist schlecht für bestehende Besitzer von US-Aktien und Anleihen. Sobald sich hier die Preise allerdings ausgekotzt (= auf niedrigerem Niveau stabilisiert) haben, bieten sie einen guten Einstieg vor allem für nicht-US Investoren. Die profitieren dann nämlich sowohl von höheren Renditen als auch von einem stärkeren Dollar im Vergleich zu ihrer Heimatwährung.
US-Exporte werden wegen des steigenden Dollars vermehrt unter Druck kommen. US-Importe werden aber billiger. Da die USA immer noch netto ein Importland sind (= Handelsdefizit) dürfte die Rechnung unter dem Strich zum Vorteil der USA als Ganzes gereichen. Es gilt dann zu beobachten, ob die USA irgendwie einen Ausgleich schaffen zwischen dem Profit im Import und dem Leiden im Export.
Surprise, Surprise!
Der Markt geht von einer Reduktion von 85 auf 65 Mrd. per Oktober aus. Das wird derzeit eingepreist. Entsprechend besteht Potenzial in beide Richtungen, wenn die Fed dereinst QE3 auf ein tieferes Niveau als 65 Mrd. reduziert oder QE3 nur auf 75 Mrd. reduziert bzw. gar nicht. Im ersten Fall würden die Märkte weiter sinken, im zweiten Fall würden sie steigen. Mit Überraschungen ist also zu rechnen.
Meine Vermutung ist, dass die Fed mit diesem noch unverbindlichen "Statement of direction" einen Versuchsballon gestartet hat, um die Reaktion der Märkte zu testen.
Sollten die Märkte zu stark sinken, die Zinsen zu stark ansteigen, kann die Fed immer noch zurückkrebsen und einen anderen Weg einschlage. Sie kann sogar QE3 erweitern. Bernanke hat sich noch nicht festgelegt und alles offen gelassen.
In der Zwischenzeit dürfte er allerdings dem Druck der US-Exportindustrie - insbesondere der sehr starken Automobil-Lobby - ausgesetzt sein, die unter dem sinkenden Yen noch mehr leidet als unter dem starken Dollar. Kurz: Toyota und Honda werden ihre Position in den USA weiter ausbauen, solange der aktuelle Trend (JPY sinkt, Dollar steigt) anhält.
Ich vermute mal (Achtung, Verschwörungstheorie!), dass sich die Fed intern gewisse Limiten gesetzt hat, bis zu welchem Preis sie den Anleihen oder dem S&P500 zu sinken erlaubt, bevor sie eine Kehrtwende macht und die Gelddruckmaschine wieder anwirft. Sollte sie dazu gezwungen werden, würde das das Vertrauen in die Fed zumindest ankratzen. Es wäre dann ein Eingeständnis, die wirtschaftliche Entwicklung in den USA überschätzt zu haben. Alles in allem also ein heisser Lauf!
Szenarien
Das aus Sicht der Fed ideale Szenario: Die Märkte reagieren zwar negativ auf die angekündigten QE-Reduktionen aber die Reaktion bewegt sich innerhalb der Toleranzgrenze. Entsprechend kann die Massnahme dann durchgesetzt werden.
Aber auch hier gilt es weiterhin die Grenzwerte zu beobachten. Sollte der Markt all zu negativ reagieren, wird QE einfach wieder nach oben gefahren, die Märkte reagieren entsprechend positiv und alles ist im Lot.
Das Hauptproblem der Fed dürfte sein, die Zinsen zwar steigen (und die Märkte absinken) zu lassen, ohne dass dabei die Teuerung überhand nimmt. Denn ein Vertrauensverlust in den Dollar ist das letzte, was die Fed will! Szenario: Die Zinsen steigen, die Teuerung steigt, der Dollar kann immer weniger kaufen und gleichzeitig gehen Wirtschaft und Konsum in die Grütze.
Ein weiteres Problem der Fed dürfte sein, dass sie nicht 100% Kontrolle über den Anleihenmarkt hat. Sie kann zwar US-Staatsschulden selbst aufkaufen aber sie hat keine Kontrolle darüber, was ausländische Halter von US-Schuldpapieren wie China oder Indien mit ihren Papieren machen. Sollten die US-Schuldpapiere (US-Treasuries) weiter im Preis sinken, könnten China, Indien, Russland, Arabien und andere Länder durchaus auf die Idee kommen, diese Papiere zu verkaufen. Würden sie dies tun, würden deren Preise entsprechend sinken bzw. die Zinsen steigen. Die einzige Chance der Fed, hier Paroli zu bieten, falls der Zinsanstieg zu hoch ist wäre, diese Papiere aufzukaufen, was einer Ausweitung von QE gleichkäme. Oder aber sie lassen den freien Marke entscheiden und laufen Gefahr, dass die Zinsen unangenehm hoch steigen.
Wäre die Fed nun gezwungen, als Gegenpartei für von Chinesen verkaufte Staatsanleihen aufzutreten und QE3 entsprechend auf 100 Mrd. oder noch mehr auszuweiten, wäre das psychologisch ein negatives Signal für die Märkte. Die Mär vom Wirtschaftsaufschwung wäre nämlich nun ad-absurdum geführt und die Fed müsste eingestehen, dass ihre Prognosen für die Tonne sind.
Im Extremfall würden sich in die Phalanx der Verkäufer auch US-Pensionskassen und andere Halter von US-treasuries begeben und die Fed hätte nun echt Mühe, alles aufzukaufen. Täte sie es dennoch, könnte das fatale Auswirkungen auf das Vertrauen in den Dollar haben. Und da bekanntlich der Wert einer Fiat-Währung nur vom Vertrauen abhängig ist, könnte das zum Kollaps des Dollars führen.
Generell ist es so, dass jeder weiss, dass die USA ihre Staatsschulden niemals in Kaufkraft werden bedienen können. Die Schulden rollen jedes Jahr einfach in neue Schulden. Niemand weiss, wie lange sich dieses Ponzi-Schema noch ausweiten kann, bevor es kollabiert. Für Euro, Yen, GBP und abhängige Währungen gilt das natürlich auch.
Fed: QE Stoppen oder nicht?
Widmen wir uns der Frage, wie hoch die Chancen sind, dass die Fed den Markterwartungen folgt und QE3 per Oktober von 85 auf 65 Mrd.$ reduziert:
Dagegen spricht wie gesagt die Spannung, die zwischen der expansiven Geldpolitik von EZB, BoJ, BoE einerseits und der Fed andererseits entstehen würde. Die USA sind an einem zu starken Dollar schlicht nicht interessiert.
Die Fed möchte ihre Entscheidung von der Beschäftigungslage in den USA abhängig machen und zieht dazu die Arbeitslosenquote zu Rate, die auf 6.5% fallen müsste.
Nun, die Arbeitslosenquote sagt nur wenig über die Beschäftigungslage aus, denn sie berücksichtigt die Arbeitslosen nicht, die es aufgegeben haben, nach Arbeit zu suchen. Betrachten wir mal beides:
Hier die offizielle Arbeitslosenquote:
Zum Vergleich die Erwerbsquote. Also die Anzahl der arbeitsfähigen zwischen 16-65 jährigen, die ihre Arbeitskraft der Wirtschaft zur Verfügung stellen. Sei es, indem sie Arbeit haben oder indem sie gezielt Arbeit suchen:
Vergleichen wir beide Grafiken lässt sich unschwer erkennen, dass sowohl die Arbeitslosenquote als auch die "Labor Partizipation Rate" sinkt.
Mögliche Erklärungen:
a) Es gibt mehr Frauen, die aus dem Berufsleben freiwillig aussteigen und sich ganz der Familie widmen, weil das Einkommen des Mannes ausreicht.
b) Es gibt vermehrt Langzeitarbeitslose, die es aufgegeben haben, aktiv nach Arbeit zu suchen und die deshalb aus der Arbeitslosenstatistik herausfallen.
Sollte Option b) zutreffen - was ich vermute - hilft das zwar der offiziellen Arbeitslosenstatistik, nicht aber der Wirtschaft. in den USA werden Arbeitslose ja bekanntlich nicht so gut finanziell versorgt wie in Europa und fallen deshalb in weitaus höherem Masse als Konsumenten aus.
Böse formuliert: Sollte es ein Grossteil der aktuell noch offiziell als "Arbeitslose" registrierten Arbeitslosen aufgeben, nach Arbeit zu suchen, würden sie aus der Arbeitslosenstatistik herausfallen. Damit würde weiterhin die Beschäftigungsrate sinken, gleichzeitig aber auch die Arbeitslosenquote. Statistisch sauber, wenn auch etwas Realitätsfremd.
Das zweite Kriterium der Fed für eine allfällige Aussetzung von QE neben der Arbeitslosequote ist das Wirtschaftswachstum.
Wie ich bereits hier berichtet habe, dürfte das Wirtschaftswachstum der USA alleine aufgrund von statistischen Manipulat...... - ähhhh - Anpassungen gut 1% höher sein als es unter normalen Umständen wäre. Von daher gehe ich davon aus, dass das angestrebte Wirtschaftswachstum von 3.5% von den USA locker erreicht wird.
Wenn nicht, kann immer noch der BIP-Deflator nach unten geschraubt werden, um die Statistik zum Passen zu bringen.
---
Fazit
Eine Reduktion von QE3 wird im Moment vom Markt eingepreist. Ob es Realität wird oder nicht, wissen wir noch nicht. Sollte QE3 tatsächlich reduziert werden und die Anleihenmärkte sinken zu stark wird QE3 wieder erhöht mit Vertrauensverlust in die Fed. Sollten sich die Verluste in Grenzen halten, wird QE3 weiter reduziert oder gehalten. Allerdings mit realwirtschaftlich negativen Auswirkungen auf die US-Wirtschaft.
Unabschätzbar sind die Reaktionen, der Chinesen, Inder, Russen, Araber, die grosse Depots an US-Staatsanleihen halten. Wir wissen nicht, wie die reagieren werden, wenn die Anleihenpreise sinken.
Im besten Fall halten sich die Verluste in Grenzen, im zweitbesten Fall kann die Fed notfalls die Verluste begrenzen, im dümmsten Fall kommt es zum Anleihen-Crash.
Alles in allem sieht die Zukunft der nächsten Monate oder Jahre für die USA nach einer Durststrecke aus. Wir müssen als Anleger den Anleihen und Aktien einen Absturz zugestehen, um am Boden einzusteigen und von steigenden Renditen zu profitieren.
Sollte ein neuer Zinszyklus bevorstehen, so dürfte es in etwa 10-15 Jahren einen guten Einstieg in US-Anleihen geben. In Aktien etwas früher.
So lange die Zinsen steigen, werden Anleihen im Preis fallen. Werden die steigenden Zinsen nicht durch steigende Teuerung kompensiert, fallen auch Aktien, Rohstoffe und Gold.
Dass die Zinsen steigen, ist bereits Realität. Ob die Teuerung ebenfalls steigen wird, ist reine Spekulation. Fundamental begründet wäre, dass die Teuerung im Rahmen der Zinserhöhung steigt. Aber wissen tun wir's nicht
Wer auf steigende Teuerung setzt, setzt auf Aktien und Edelmetalle, um die Teuerung (zumindest teilweise) auszugleichen.
Wer auf konstant niedrige Teuerung trotz steigender Zinsen spekulieren will, hält sich an Anleihen und Cash.
Happy Trading!
Marcus