Staatsunternehmen privatisieren?

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26. Dez. 2011
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Kalahari
Der Thinktank Avenir Suisse versucht, eine neue Debatte anzustossen: die Privatisierung von Staatsunternehmen

Swisscom verkaufen und Geld ans Volk verteilen?

In diesem Artikel werden mehrere Beispiele aus der Sicht von Avenir Suisse nicht so erfolgreicher Staatsbetriebe angeführt:

Die Liste der Sündenfälle bei Staatsunternehmen ist gemäss einer Mitteilung des wirtschaftsliberalen Think-Tanks Avenir Suisse vom Montag lang. Die Verfehlungen reichen von milliardenschweren Verlusten bei Schweizer Energieunternehmen über teure Eskapaden im Ausland in der Telekombranche beziehungsweise in der Rüstungsindustrie bis hin zu haufenweisen Interessenkonflikten zwischen den Staatsunternehmen und der Politik.


Der angesprochene Artikel auf der Avenir Suisse Website

Das Märchen vom Tafelsilber

Hier einige Auszüge aus dem Tagi-Artikel

Namentlich sprechen die Wissenschaftler etwa die Abschreibung von 1,8 Milliarden Franken am Werk Linth-Limmern beim Industriekonzern Axpo an. Auch der Wertzerfall beim Kanton Bern an der BKW-Beteiligung von rund 4 Milliarden Franken Ende 2007 auf nunmehr 1,1 Milliarden Franken oder der Wertverlust bei der Marktkapitalisierung um 70 Prozent auf 2,9 Milliarden Franken bei Alpiq kommt bei der Präsentation der Untersuchung vor den Medien zur Sprache.
Und die Rettung der Berner Kantonalbank BEKB kostete den Kanton mit rund 2,6 Milliarden Franken beachtlich viel Geld
Der Swisscom-Konzern kaufte eine Beteiligung an der deutschen Debitel für rund 4,3 Milliarden Franken und musste beim Wiederverkauf rund 3,3 Milliarden Franken an Verlust in Kauf nehmen. Auch die Swisscom-Beteiligung beim italienischen Fastweb führte bereits zu einer Wertberichtigung von 1,2 Milliarden Euro.
Die Wissenschaftler rechne etwa vor, dass der Bund mit einer Veräusserung seiner Swisscom-Beteiligung seine Verschuldung von rund 108 Milliarden Franken um rund 13 Prozent senken könnte und somit weniger Finanzierungsausgaben hätte.
Andererseits wären auch Volksaktien denkbar. So hätten die Bürger 2015 im Fall von BKW per Ende Jahr 2015 nämlich nicht nur rund 1000 Franken weniger Steuern bezahlen müssen, sondern auch 53 BKW-Aktien erhalten können.
Viel Erfolg verspricht sich die Denkfabrik insbesondere bei Beteiligungen wie Swisscom, Postfinance, den SBB oder den Kantonalbanken, die per Gesetz letztlich von den Steuerzahlern gerettet werden müssten. Staatsunternehmen seien eben keine risikolosen Goldesel, betonte der Hauptautor der Studie, Samuel Rutz.


Da müsste man natürlich auch kritisch hinterfragen, was die Privatisierungswelle in England unter Maggie Thatcher gebracht hat und wie zufrieden die Leute dort sind.

Bei der Bemerkung, dass "die per Gesetz letztlich von den Steuerzahlern gerettet werden müssten" sollte auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass diese wieder zu "too-big-to-fail" Unternehmen werden.

 
Avenir Suisse würde sich gescheiter mit der Frage beschäftigen, wie man Unternehmen, die bereits privat sind, zu mehr Eigenverantwortung erzieht, statt neue Moloche zu schaffen. 

Zudem liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Swisscom, die Post oder die Schweizer Autobahnen nach der Privatisierung innert kürzester Zeit einem ausländischen Grosskonzern gehören, bei 99.9999 %. Soviel zur Avenir Suisse.

 
Ich kann nur jedesmal staunen über diese Privatisierer-Argumente. Das einzige Argument, das wirklich nicht von der Hand zu weisen wäre ist jenes, welches darauf hinweist, dass bei ausnahmslos jedem Privatunternehmen der Gewinn den es daraus zu erzielen gibt die Doktrin für alles Handeln ist.

Einfacher ausgedrückt, das Gemeinwohl ist bei einem Privatunternehmen das Einzige was nie ein Thema sein wird. Die Gewinnmaximierung zu Gunsten der Besitzer hingegen schon. Und die Besitzer sind dann eben nicht mehr die Bürger.

Diese dürften dann im Falle eines to-big-to-fail wieder zur Kasse schreiten. Nicht um den Gewinnanteil zu kassieren, natürlich.....

Und die Behauptung, dass Privatunternehmen die besseren Geschäftsleute seien wird täglich durch Konkurse ad absurdum geführt. Nicht jeder Konkursit kann Präsident der USA werden.

 
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das Gemeinwohl ist bei einem Privatunternehmen das Einzige was nie ein Thema sein wird. Die Gewinnmaximierung zu Gunsten der Besitzer hingegen schon. Und die Besitzer sind dann eben nicht mehr die Bürger.


Exactamundo. Es ist das ewige neoliberale Märchen, dass alles, was einem Unternehmen nützt, automatisch auch dem Staat nützt. Naja, in Disneyland vielleicht....

Ein Unternehmen MUSS mit aller Konsequenz seinen Profit, das heisst, sein eigenes Wohl maximieren, das ist sein Zweck, weil es sonst untergeht. Der Staat hingegen muss um das Wohl ALLER besorgt sein, damit er nicht untergeht.

Existenzielle Bereiche staatlicher Infrastruktur wie Kommunikation, Energie oder Verkehr dem Profitzwang eines ausländischen Grosskonzerns unterzuordnen, ist simpler Landesverrat. Es ist die Aufgabe der Regierung, die Bevölkerung genau davor zu schützen.

 
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.... denn wenn ich auch für den Staat nur noch als Kunde gelte, kann ich gleich ganz auf ihn verzichten.

 
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Ein m.E. recht gut geglückter Veriss der Avenir Suisse Studie von Werner Vontobel im cash.ch

Soll man Avenir Suisse verstaatlichen?

Beispiel

Beispiel Swisscom. Dazu heisst es etwa: "Nur schon durch
eine Veräusserung der Swisscom-Beteiligung könnte der Bund seine Schulden folglich um stattliche 12,8% (oder gut 13 Milliarden Franken, Red.) senken." Mit dieser Schuldentilgung könnte der Bund bei den aktuellen Zinsen maximal 50 Millionen Franken Zinsen sparen. Etwas weiter vorne haben wir aber gelesen, dass die Swisscom-Beteiligung dem Bund allein in diesem Jahr eine Dividende von 580 Millionen Franken ausbezahlt hat - die nach er Privatisierung natürlich wegfallen würden. Das wäre nicht gerade ein gutes Geschäft. Doch die Autoren von der Avenir Suisse wenden - gelernt ist gelernt - natürlich auch hier ihren im Nachhinein-Dreh an. Sie gehen im Geiste zurück ins Jahr 1998 als der Aktienkurs der Swisscom seinen Höhepunkt erreicht hatte, verkaufen (immer im Geiste) den Anteil des Bundes und legen den Erlös zum damaligen Zins von 4,25% an und kommen - natürlich - zum Schluss, dass sich die verpasste Vollprivatisierung bitter gerächt hat.

 
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