Die Krim ist Krim und es wäre schwer vorstellbar gewesen wenn die russen sie für allemal an die EU verlieren würden, trotz nur wenn wenige Touristen da sind.
Die Krim ist für Russland nicht nur ein Badeort. Viel wichtiger ist, dass in Sevastopol seit dem 18. Jh. ein wichtiger Marinestützpunkt ist. Die ganze russische Schwarzmeerflotte liegt dort.Hinzu kommt, dass die Mehrheit der Krim-Bevölkerung Russen sind. Auch wenn die Krim derzeit auf ukrainischem Territorium liegt, geniesst sie doch auch aus Sicht der Ukraine Autonomiestatus.
Ich habe mich gestern und heute ein bisschen durch die Presse und Medien gekämpft, um einigermassen ein Bild von der Lage zu bekommen: Spiegel, Time, Tagesanzeiger, CNN und Russia Today.
Es scheint grundsätzlich drei Gruppen zu geben:
1. Die Anhänger des gestürzten Präsidenten Viktor Janukovich.
2. Die nationalistischen Revolutionäre unter Alexander Turtschinow, der derzeit die Interrim-Regierung stellt.
3. Die russisch sprechende Bevölkerung der Ukraine (knapp 50%), die vor allem auf der Krim und im Osten der Ukraine leben.
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Während die erste und dritte Gruppe relativ klare Ziele hat, kann man dies von den derzeitigen Machthabern nicht behaupten. die Nationalistischen Revolutionäre (NR) sind ein bunt gemischter Haufen, denen ethnische Russen ebenso angeören wie rechtsextreme militante Kräfte unter Dmitro Yarosh.
Yarosh ist für die NR ein echtes Problem, denn er fordert, die russische Sprache als zweite Amtssprache der Ukraine abzuschaffen und die Ukrainer mit russischem Hintergrund aus der Ukraine zu schmeissen (= ethnische Säuberung). Gemäss
soll er hierbei sogar den "Osame Bin Laden der Russen", den tschetschenischen Terroristenführer Doku Umarov um Hilfe für den Kampf gegen die Russen gebeten haben. Die NR strebt natürlich eine friedliche Lösung mit Moskau an. Somit ist Yarosh ein Dorn im Fleisch. Allerdings war er und seine gewaltbereiten Anhänger beim Umsturz zu wichtig, um nun ignoriert werden zu können. Und nicht vergessen: Innerhalb der NR befinden sich auch ethnische Russen, die sich Seite an Seite mit Yarosh für das gemeinsame Ziel - den Sturz Janukovichs eingesetzt haben!
Kurz: Die aktuellen Machthaber auf dem
Maidan sind alles andere als eine kongruente Gruppe mit klarem Ziel. Ihre Gemeinsamkeit bestand nur in der Absetzung von Janukovich. Das haben sie erreicht und stellen nun fest, wie weit auseinander doch ihre Ziele für die Zukunft liegen!
Entsprechend lassen sich für alles und jedes sehr gute Argumente und Gegenargumente finden:
* Die Russen innerhalb der Ukraine fühlen sich bedroht und sehnen russisches Militär herbei, das sie beschützt. Durchaus verständlich und ein gutes Argument für Putin, Truppen in die Krim zu entsenden.
Andererseits haben auch Hitler und Milošević genau mit dieser Begründung - eigene Minderheit im Ausland zu schützen - einen Krieg begonnen.
* Das ukrainische Militär ist in der Zwickmühle: Bis vor kurzem haben sie ihrem Auftrag gemäss den (einigermassen demokratisch gewählten) Janukovich unterstützt und müssen jetzt eine 180° Drehung vollziehen, um die NR zu schützen. Nicht, dass das für Soldaten ein Problem wäre aber innerhalb der ukrainischen Armee sind auch viele ethnische Russen, die eher die Seiten wechseln und zu den Russen überlaufen als sich gegen ihre eigenen Landsleute einsetzen zu lassen. In der Tat druckt das russische Konsulat in Sevastopol derzeit russische Pässe im Akkord für überlaufende Ukrainer russischer Abstammung.
Ganz abgesehen davon, dass sich alle Beteiligten darüber einig sind, dass die ukrainische Armee nicht die Spur einer Chance hätte, sollten die Russen einmarschieren. Widerstand gegen die Russen wäre also ein Selbstmordkommando, bei dem der einzelne Soldat nicht einmal wüsste, wofür genau er eigentlich sein Leben hingibt.
* Weiterhin die gezwungener Massen zahnlosen Drohungen des Westens an die Adresse Moskaus: Obama spricht davon, dass Russland im Falle eines Einmarsches "einen Preis bezahlen" müsse, ohne aber zu spezifizieren, worin dieser Preis bestehen könnte. Wohl jedem ist klar, dass die NATO keinesfalls Truppen in die Ukraine entsenden würde, um im direkten Hinterhof der Russen mit zu spielen. Derzeit beschränken sich die westlichen Massnahmen darauf, den geplanten G8-Gipfel in Sochi zu boykotieren. Mehr können und wollen sie auch nicht tun. Das weiss natürlich auch Putin und so verwundert es nicht, dass noch nie in der Geschichte eine amerikanische Drohung so schnell und radikal von Russland weggefegt und ignoriert wurde wie diesmal.
* Politisch betrachtet befinden sich die USA in einer ähnlich verzwickten Lage wie im Syrien-Konflikt: Sollte die Ukraine tatsächlich Yarosh folgen und sich mit einem Terroristen zusammentun, der Al Kaida unterstützt (oder Teil davon ist), müsste sie wohl die Seiten wechseln und Russland unterstützen.
Zudem wollen wir auch nie vergessen, dass Janukovich demokratisch gewählt worden war. Dies im Gegensatz zur NR, die sich (mal hochoffiziell formuliert) undemokratisch über eine Revolution nach oben gepusht hat.
Nicht falsch verstehen: Janukovich war ein korrupter Schweinehund der weg musste! Immerhin hat er dem urkainischen Volk über drei Jahren hinweg $70 Mrd. ($23 Mrd pro Jahr) abgezwackt und auf seine Privatkonten verschoben. Das sind immerhin 10% GDP. Aber eben, er war - so gut das in solchen Ländern überhaupt möglich ist - demokratisch legitimiert.
Eine allfällige Entspannung der Situation liegt also weder bei den Russen noch beim zahnlosen Westen sondern ganz alleine bei der neuen Interrim-Regierung der Nationalistischen Revolutionäre unter Alexander Turtschinow bzw. seiner engen Vertrauten Julija Timoschenko:
Die NR muss als erstes mal die braune Scheisse an ihrem rechten Schuh loswerden.
Sie muss ganz allgemein verhindern, dass Terrororganisationen die aktuelle Instabilität ausnützen. Das gilt für die Tschetschenen ebenso wie für Al Kaida, CIA und KGB.
Sie muss entsprechend ein ganz klares Signal setzen, dass die Russen in der Ukraine nicht gefährdet sind und weder politisch, privat noch beruflich irgend einen Gegenwind von der neuen Regierung zu spüren bekommen werden. Nur damit kann Turtschinow Putin den Wind aus den Segeln nehmen und einen Einmarsch verhindern.
Neben all dem wollen wir auch nicht vergessen, dass wichtige Erdgas-Pipelines zwischen Sibirien und Westeuropa durch ukrainisches Gebiet führen.
Quelle: Wikipedia