Wirtschaftsdaten (Korrelation, Frühindikatoren)

cello

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26. Dez. 2011
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Svizzera
Täglich werden wir überschwemmt mit dutzenden Wirtschaftsdaten aus der ganzen Welt. Bei sehr wichtigen Daten, kann man immer wieder beobachten, dass diese einen direkten Impact auf die Aktienkurse haben. Das heisst die Kurse bewegen sich unmittelbar nach der Veröffentlichung der Daten in die eine oder die andere Richtung. Je nach dem ob die effektiven Daten besser oder schlechter als erwartet waren. Ich habe dies im Thread "Trading Major News Events" von der kurzfristigen Reaktionsseite des Marktes etwas beschrieben.Diese kurzfristigen Reaktionen sind aber aus der langfristigen Sicht meistens total irrelevant. Analysten erwarten was, die Zahl kommt raus, die Börsen zucken ein Bisschen und danach ist die ganze Sache schon wieder vergessen.Hier möchte ich die verschiedenen Daten zusammen mit euch aus der langfristigen Sicht analysieren. Dazu würden mich folgende Fragen interessieren:Bei welchen Daten gibt es Korrelationen mit den Aktienpreisen?Gibt es verlässliche Frühindikatoren? Wenn ja, welche sind dies?Welches sind eher verzögerte Indikatoren?Finden wir bestimmte Wirtschaftsdaten, welche langfristig mit den Aktienpreisen korrelieren (natürlich auch invers), dann können wir schon mal eine gewisse Beziehung feststellen. Ist ja auch logisch, Wirtschaft und Börse hängen ja sehr eng zusammen. Finden wir aus diesen korrelierenden Daten, diejenigen raus, welche meistens vor den Aktienpreisen reagieren, dann haben wir eine Art Frühindikatoren.Am einfachsten zur Beurteilung dieser Daten ist wenn man diese zusammen mit einem Aktienindex (zB S&P 500) in einen Chart legt. Die Research Abteilung der St. Louis Fed (FRED) stellt ein praktisches Tool zur Verfügung: http://research.stlouisfed.org/fred2/gr ... data-tools

 
Die Arbeitsmarktdaten aus den USA, welche jeden ersten Freitag im Monat veröffentlicht werden, haben meistens einen sehr grossen kurzfristigen Impact auf die Börsen. Doch wie sieht das langfristig aus? Hier mal der Chart der Total NFPs vs S&P 500:

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Wir können hier ganz klar eine Korrelation erkennen. Doch sieht es eher danach aus als würden die Aktienpreise den Arbeitsmarkt beeinflussen als umgekehrt. Also eher ein lagging Indicator.

Hier noch die weekly jobless claims. Hier haben wir natürlich eine inverse Korrelation. Diese sind schon nicht mehr so stark verzögert.

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Hier der S&P Case Shiller Home Price Index (10 und 20 City) vs S&P 500

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Auch hier eine gewisse Korrelation. Vor allem im Jahr 2007 kam hier das Warnsignal schon sehr früh!

Aktuell sieht man, dass die Massnahmen des FED langsam aber sicher Wirkung zeigen.

 
Die Idee, Korrelationen zu suchen finde ich grundsätzlich gut. Ich tue das selbst ja auch, wenn ich Zinsen, Teuerung, Aktienpreise, Anleihenpreise, Goldpreis in Relation setze und bei der Änderung eines Parameters Rückschlüsse auf die anderen Parameter ziehe.Was mich an Deinen Charts stört ist der meiner Meinung nach zu kurze Zeitraum von 12 Jahren.Ich sag' Dir auch, warum:Die Zeit seit 2000 ist durch hohe Ausweitung der Geldmenge geprägt und das verfälscht das Bild. Unter normalen Umständen - also bei einer stabilen Geldmenge - kann man argumentieren, dass das Geld zwischen verschiedenen Anlageklassen fliesst: Von Anleihen in Immobilien oder von Immobilien in Aktien. Entsprechend bedeutet so eine Umschichtung immer, dass der einen Anlageklasse Geld weggenommen wird, wenn es einer anderen Anlageklasse zufliesst.Beispiel: Wenn die Häuserpreise günstig sind verkaufen viele Leute Aktien, um damit ein Häuschen zu finanzieren. Somit würden die Aktienpreise sinken, obschon mit der Wirtschaft alles in Ordnung ist.Dass alle Anlageklassen gleichzeitig steigen ist eigentlich unmöglich. Das heisst, es ist nur dann möglich, wenn die Geldmenge aufgebläht wird. Und das ist genau der Fall. Aber generell ist das die Ausnahme, nicht die Regel.Wenn Du also aus dieser Ausnahmezeit Schlüsse ziehst, können diese falsch werden, sobald sich die Situation wieder normalisiert hat und die Geldmengenausweitung wieder auf das Niveau des Wirtschaftswachstums zurückgefahren wird.

 
Was mich an Deinen Charts stört ist der meiner Meinung nach zu kurze Zeitraum von 12 Jahren.
Guter Einwand, Danke. Ist halt immer so eine Sache mit Korrelationen aufzeigen auf Charts. Über extrem lange Zeitperioden ist die Korrelation oft nicht mehr gut ersichtlich von Auge wenn es irgendwann zwischendrin mal einen Knick hatte.
Aber hast auf jeden Fall recht. Wir befinden uns in einer ausserordentlichen Situation mit der Geldschwemme. Wenn sehr gute Arbeitsmarktdaten zu sinkenden Aktienkursen führen, weil die Angst steigt, dass die FED ihre Programme zurückfährt, ist das schon crazy :dumm: Nichts desto trotz gelten gewisse Naturgesetze immer noch.

Beispiel: Wenn die Häuserpreise günstig sind verkaufen viele Leute Aktien, um damit ein Häuschen zu finanzieren. Somit würden die Aktienpreise sinken, obschon mit der Wirtschaft alles in Ordnung ist.
Naja so einfach ist das dann auch wieder nicht. Läuft die Wirtschaft gut verdienen die Leute mehr und können sich auch mehr leisten. Also gibt es eine höhere Nachfrage nach Wohneigentum. Dies führt dann wieder zu höheren Preisen. Siehe 1997-2001:
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Der Vergleich Immobilienpreise vs Aktien ist in diesem Kontext daher wohl eher etwas mit Vorischt zu geniessen. Obschon der Immobilienmarkt für die nächsten Jahre ein sehr wichtiger Faktor sein wird.

Und by the way

Wenn Du also aus dieser Ausnahmezeit Schlüsse ziehst, können diese falsch werden, sobald sich die Situation wieder normalisiert hat und die Geldmengenausweitung wieder auf das Niveau des Wirtschaftswachstums zurückgefahren wird.
Das wird wohl nicht so bald passieren oder!? :p
Kanntest du das FRED Tool schon http://research.stlouisfed.org/fred2/gr ... data-tools ? Zeig mir dein Korrelations Favorit. Und nicht der M1 vs Gold den habe ich im Gold Thread schon reingestellt :mrgreen:

 
Naja so einfach ist das dann auch wieder nicht. Läuft die Wirtschaft gut verdienen die Leute mehr und können sich auch mehr leisten.
Damit steigt dann aber auch die Geldmenge (diesmal zu Recht)!Mir ist da noch ein anderer Einwand in den Sinn gekommen: Wenn man zwei Kurven betrachtet muss man wissen, welche Ursache und welche die Wirkung ist.Beispiel: Wenn die Wirtschaft boomt, wird mehr Geld nachgefragt. Die Geldmenge steigt. In Rezession oder Depression sinkt dann die Geldmenge.Zeichnet man nun die Kurve von Wirtschaft und Geldmenge, wird man eine Korrelation feststellen.Nun kann man irrtümlich diese Korrelation zum Anlass nehmen, zu behaupten: "Wenn ich die Geldmenge erhöhe, steigt die Wirtschaft."Dass dies ein Trugschluss ist, haben die meisten von uns wohl in den letzten Jahren erkannt.
 
Mir ist da noch ein anderer Einwand in den Sinn gekommen: Wenn man zwei Kurven betrachtet muss man wissen, welche Ursache und welche die Wirkung ist.
Das auf jeden Fall. Doch manchmal ist es auch nicht ganz klar welche Variable jetzt die Ursache und welche die Wirkung ist. Siehe Arbeitsmarktdaten vs. SPX. Steigt da jetzt die Börse weil sich der Arbeitsmarkt verbessert oder verbessert sich der Arbeitsmarkt weil die Börse steigt?
 
Der sieht auch noch interessant aus.

ISM Manufacturing PMI vs SPX:

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Vor allem bei den beiden grossen Crashes 2001 und 2008 hat der frühzeitig gewarnt.

 
Aus aktuellem Anlass. Retail Sales kommen heute 14:30 raus. Hier mal die Retail Sales (% Change from year ago) vs. SPX:

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Und die Business Inventories kommen um 16:00 raus heute. Hier Business Inventories (% Change) vs. SPX:

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Doch manchmal ist es auch nicht ganz klar welche Variable jetzt die Ursache und welche die Wirkung ist. Siehe Arbeitsmarktdaten vs. SPX. Steigt da jetzt die Börse weil sich der Arbeitsmarkt verbessert oder verbessert sich der Arbeitsmarkt weil die Börse steigt?
Beides: Wenn eine Firma Arbeitnehmer entlässt, dann steigen die Aktien. Begründung: Die Firma rationalisiert, baut Kosten ab, wird schlanker und effizienter.Wenn das viele Firmen tun und die Arbeitslosigkeit steigt, zeichnet sich irgend wann ab, dass Arbeitslose weniger gute Konsumenten sind. Und auch jene, die noch einen Job haben, beginnen um ihn zu bangen und schränken den Konsum ein.
 
Eben es ist manchmal nicht ganz so eindeutig. In Bezug auf die Arbeitsmarktdaten ist klar, dass die Initial Jobless Claims, welche wöchentlich jeweils am Donnerstag rauskommen, wohl schneller den Trend anzeigen als die NFPs.

Hier mal die Initial Claims invertiert (*-1) sodass es fürs Auge auch besser erkennbar ist. Aber auch hier sieht das eher lagging aus.

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Noch ein paar interessante Charts:

Der Dienstag ist und bleibt der beste Börsentag:

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November 2012 bis November 2013

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Tägliche Performance nach Wochentag:

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