Syrien

Wieso? Ist die Demokratie die einzige Staatsform, die die Menschenrechte garantiert?Führen wir das mal weiter aus am Beispiel der Hegemonie: Wir haben verschiedene Gruppen (Familien, Stämme, Gemeinden), die sich zu einem Staat zusammenschliessen, weil sie z.B. geografisches Gebiet, Sprache, Religion gemeinsam haben. Da nun nicht jede der einzelnen Gruppen mit dem Rest der Welt individuell verhandeln kann, wählt man eine Gruppe aus, die diese Aufgabe übernimmt. In aller Regel ist das die stärkste Gruppe.Beispiele, die wir kennen: In der NATO waren die USA der Hegemon, im Warschauer Pakt die UdSSR.Aufgabe des Hegemon ist es, den Konsens innerhalb der Gruppen zu finden und Entscheidungen nach aussen zu vertreten. Das scheint mir nicht soooo wahnsinnig viel schlechter als eine Demokratie wie die USA, wo es genau zwei Parteien gibt, die sich kaum voneinander unterscheiden lassen. Und eine Verletzung von Menschenrechten vermag ich in einer Hegemonie auch nicht zu erkennen.

 
Die C-Waffen-Einsätze nützen den Rebellen, nicht der Regierung.
Warum schaffen es die Geheimdienste Russlands und seiner Verbündeten zusammen mit dem Regime nicht, Beweise zu erbringen, dass die Rebellen Chemiewaffen eingesetzt haben? M.W. bestreitet Putin, dass überhaupt Chemiewaffen eingesetzt wurden.A propos Karikatur oben: Vermutlich profitiert die russische Waffenindustrie noch mehr von diesem Konflikt.Edit: wird von den Russen nun nicht bestritten (Russia Today)
On the subject of the chemical incident, the Russian FM stressed that “there is more than enough evidence to support the claim that the rebels are behind the chemical attack.”
Amerikaner und Russen sind aalso jetzt gleicher Meinung, nämlich dass Chemiewaffen eingesetzt wurden. Wäre also nur noch die Frage "von wem?" zu klären.
 
Warum schaffen es die Geheimdienste Russlands und seiner Verbündeten zusammen mit dem Regime nicht, Beweise zu erbringen, dass die Rebellen Chemiewaffen eingesetzt haben?
Zum einen sicher, weil es keine eindeutigen Beweise gibt: Es gibt zwar Fotos von Chemiewaffenlagern in Rebellen-Tunnels aber die könnten natürlich auch gefaked sein. Es gibt Videos, die Rebellen beim Abschuss "merkwürdiger" Granaten zeigen aber was effektiv in diesen hausgemachten Granaten drin war, lässt sich nicht nachweisen. Es gibt weiterhin chemische Analysen, die besagen, dass die chemische Zusammensetzung des Sarin nicht dem militärischen Sarin entspricht, das die Russen den Syrern geliefert haben.Aber das alles sind Indizien.Was es noch nicht gibt, ist ein abschliessender Bericht der UN-Inspektoren, die ja erst kürzlich in Syrien waren. Ich verstehe die Haltung Russlands so: Erst mal den UN-Bericht abwarten und weitere harte Beweise sammeln. Dann kann man immer noch entscheiden.Ich finde, diese Haltung ist vernünftiger als einfach mal blind draufzuhauen ohne stichhaltige Beweise.
 
Sorry, habe mein voriges Posting noch editiert. Gemäss russischem Aussenminister wurden C-Waffen eingesetzt.

 
Tagi liest hier mit und berichtet nun eine halbe Stunde später:Russland fordert von Assad Zerstörung der Chemiewaffen

Russland hat die syrische Führung aufgefordert, ihre Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen und zu vernichten. Der russische Aussenminister Sergej Lawrow forderte eine «schnelle und positive» Antwort von der Regierung in Damaskus.
Jetzt müssen wir auch nicht mehr auf den Bericht der UNO warten, da diese, wie bekannt, keine Aussagen betreff Urheberschaft machen wird.
 
Auf den UN-Bericht sollte man dennoch warten. Vielleicht lässt ja die chemische Analyse Rückschlüsse auf die Urheberschaft des Giftgases zu.

 
Ich bin der Meinung, dass sich der Rest der Welt aus diesen regionalen Konflikten raushalten sollte.
Bin auch dieser Meinung. Auch wenn es brutal sein mag.
Wenn in einem Land, von wem auch immer, Chemiewaffen eingesetzt werden(oder ein Genozid verübt wird), ist dies deiner Meinung zwar bedauerlich, aber letztlich nicht unser Bier. Hauptsache die Akltienkurse fallen nicht. Sagte doch schon der heilige Bruder Klaus im 15. Jh. «Mischt Euch nicht in fremde Händel».Oder könnte es sein, dass du vielleicht mal darlegst, wann Interventionen zulässig sind.
Du unterstellst mir da, dass es mir um die Aktienkurse gehe. Sorry, das ist absurd. Es geht mir eher darum, was denn eine Einmischung bringen wird.Was werden die Folgen sein? Das Regime kann sich eventuell trotzdem weiter halten.Oder:Das Regime fällt und dann?Irak und Afghanistan sind zwei Beispiele aus jüngster Zeit. Vietnam ist schon etwas länger her. Haben diese Kriege in denen sich die USA eingemischt haben im Namen der Menschenrechte, denn nicht mehr Leid verursacht als sie gemildert haben? Der Westen meint die Gerechtigkeit mit dem Suppenlöffel gefressen zu haben. Dabei geht es in Wahrheit wohl eher um andere Interessen. Alles mit militärischer Gewalt regeln zu wollen in fremden Gegenden wird diese Länder nicht zu Unabhängigkeit führen. Schauen wir doch mal wie lange Europa und auch die USA gekriegt haben, um sich zu entwickeln. Unsere ganze Gesellschaft ist durch Kriege zu dem geworden, was sie ist.Ich sehe in diesen Einmischungen eine Fortsetzung des Kolonialismus.
 
Ich sehe in diesen Einmischungen eine Fortsetzung des Kolonialismus.
Kann also ein Diktator in seinem Land die Menschenrechte mit Füssen treten? Geht dies uns nichts an? Ab wieviel Toten sollte es uns interessieren?Richtig ist natürlich, dass "der Westen" nur bei kleinen Staaten sich einmischen wird, sicher nicht bei Staaten wie Russland und China. in diesem Sinne ist die westliche Wahrnehmung sehr selektiv.Finde persönlich auch, dass die Bestrafung Syriens durch die USA und Frankreich im Moment vermutlich falsch wäre. Gut finde ich, dass die Existenz chemischer Waffen und deren Gebrauch nun auch durch Russland bestätigt wurde (ob sie wohl auch von dort kommen?)
 
Was heisst hier "Suppenlöffel"? - Schöpfkelle!Und wo war der Aufschrei des Westens als in Ruanda die Hutus knapp eine Million Tutsis ermordet haben?

 
Ich sehe in diesen Einmischungen eine Fortsetzung des Kolonialismus.
Kann also ein Diktator in seinem Land die Menschenrechte mit Füssen treten? Geht dies uns nichts an? Ab wieviel Toten sollte es uns interessieren?
Gegenfrage: Soll man alle Diktaturen ausmerzen durch Waffengewalt? Klar, Giftgase sind eine Grenze. Doch hiess es nicht im Irak, die hätten Massenvernichtungswaffen. Die hat man dann aber nicht gefunden, obwohl man Bewiese dafür ins Feld führte um einen Krieg zu rechtfertigen. Der Irak hatte auch Giftgas gegen die Kurden eingesetzt. Doch dies war viel früher als dann der Angriff des Westens war. Also war dort der Gebrauch von Giftgas nicht ein Grund, um den Irak anzugreifen. Ich denke, man kann die Welt nicht durch ständiges militärisches Intervenieren besser machen. Bürgerkriege sind Prozesse. Wer weiss denn, ob nicht Giftgase eingesetzt wurden, um eine Einmischung herbeizuführen?Aber wie dem auch sei, wir haben dies ja nicht zu entscheiden. Es wird so kommen, wies kommt. Die Schweiz mischt sich dabei ja eh nicht ein.
 
Ich sehe in diesen Einmischungen eine Fortsetzung des Kolonialismus.
Kann also ein Diktator in seinem Land die Menschenrechte mit Füssen treten? Geht dies uns nichts an? Ab wieviel Toten sollte es uns interessieren?
Die meisten Diktatoren Weltweit wurden ja von den USA überhaupt erst eingesetzt. Sei es Pinochet in Chile, Hussein im Irak, Mubarak in Agypten und viele viele mehr. Würde die Anzahl Toter entscheidend für einen Eingriff sein, müssten wir als erstes die USA, Russland und China bestrafen. Keine Ahnung ob Ueli Maurer bereit für so einen Einsatz ist...
 
Keine Ahnung ob Ueli Maurer bereit für so einen Einsatz ist...
Da kommt mir ein Witz in den Sinn;Ein Elefant zerbröselt beim Vorbeilaufen einen Ameisenhaufen. Die Ameisen schwören Rache und stellen eine Armee von 100.000 Ameisen auf. Die stürzen sich auf den Elefanten und wollen ihn auf den Boden schmeißen. Der schüttelt sich aber nur und 99.999 fallen wieder herunter. Die heruntergeschüttelten Ameisen schauen nach oben und sehen: „Der Ueli ist noch oben!“. Da schreien alle Ameisen im Chor: „Würg ihn, Ueli! Würg ihn!“
 
Putin:

No one doubts that poison gas was used in Syria. But there is every reason to believe it was used not by the Syrian Army, but by opposition forces, to provoke intervention by their powerful foreign patrons, who would be siding with the fundamentalists.
http://www.zerohedge.com/news/2013-09-1 ... tion-syriaMein Eindruck: Eigentlich erstaunlich, dass Ex-KGB-Chef Putin vernünftig und rational argumentiert und Obama als blindwütiger Racheengel auftritt.Beim Amtsantritt Obamas hätte ich eher das Gegenteil erwartet!
 
Putin:

No one doubts that poison gas was used in Syria. But there is every reason to believe it was used not by the Syrian Army, but by opposition forces, to provoke intervention by their powerful foreign patrons, who would be siding with the fundamentalists.
http://www.zerohedge.com/news/2013-09-1 ... tion-syriaMein Eindruck: Eigentlich erstaunlich, dass Ex-KGB-Chef Putin vernünftig und rational argumentiert und Obama als blindwütiger Racheengel auftritt.Beim Amtsantritt Obamas hätte ich eher das Gegenteil erwartet!
Wobei ich bei Putin auch vermute der hat andere Interessen im Hinterkopf als das Wohl der syrischen Bevölkerung.Immerhin hat Obama einen Gang zurückgeschaltet. Eine Drohkulisse ist ja noch kein Krieg und kann auch zum Ziel führen.Nur wenn man mal damit anfängt zu drohen mit Krieg......Die Lage scheint echt verschissen zu sein. Eine Sackgasse. Denn es scheint nicht klar wer in der Opposition die Oberhand hat. Die werden ev. auch aufeinander losgehen, sobald sie ihr gemeinsames Ziel, nämlich das Regime zu Fall zu bringen, erreicht haben.Solange USA und Russland nicht am gleichen Strick ziehen, wird es nicht so schnell eine Lösung geben, ist zu befürchten.Dann ist auch noch der Iran am mitmischen. Echt tragisch das Ganze. Trotzdem glaub ich nicht, dass eine militärische Intervention der USA die Lage entschärfen würde. Wenn schon müssten es internationale Truppen sein.
 
Mein Eindruck: Eigentlich erstaunlich, dass Ex-KGB-Chef Putin vernünftig und rational argumentiert und Obama als blindwütiger Racheengel auftritt.Beim Amtsantritt Obamas hätte ich eher das Gegenteil erwartet!
Obama muss sich ja jetzt nicht mehr um eine weitere Wahl sorgen und kann einfach sagen und machen was er will. Ich habe das bei seinem Antritt auch anders eingeschätzt.Grussfritz
 
Wobei ich bei Putin auch vermute der hat andere Interessen im Hinterkopf als das Wohl der syrischen Bevölkerung.
Putin ist ein schlauer Fuchs. Da war Gestern ein interessanter Artikel in der Welt.

[SIZE= px]Wladimir Putins Meisterwerk der Gegenpropaganda[/SIZE]

Mit seinem Beitrag für die "New York Times" mischt sich Russlands Präsident in die amerikanische Syrien-Debatte ein. Geschickt versucht er, Amerikas Kriegsmüdigkeit für seine Zwecke zu nutzen.

Seit mehr als zwei Jahren ist Wladimir Putins Russland der wichtigste Gegenspieler Amerikas in der Frage, wie die internationale Gemeinschaft mit dem Syrien-Konflikt umgehen soll. Nun bedient sich der russische Präsident eines ungewöhnlichen Mittels: Mit einem Meinungsbeitrag in der New York Times greift er direkt in die interne amerikanische Debatte über einen Militärschlag gegen Syrien ein.

Das ist ein erheblicher Affront gegenüber US-Präsident Barack Obama. Und es ist ein brillantes Stück Gegenpropaganda, das zeigt, wie gut Putin einst vom KGB geschult worden ist. Zielgenau identifiziert er die Schwachstellen seines Gegenspielers Obama und nutz die Möglichkeiten der amerikanischen Demokratie mit ihrer offenen und kontroversen Debatte. Eine Art von offener Auseinandersetzung, die Putin im eigenen Land nie zulassen würde.

Putin macht sich damit auch geschickt eine Taktik Obamas zu eigen. Der hat etwa in seiner Kairoer und seiner Jerusalemer Rede explizit versucht, an den jeweiligen Regierungen vorbei direkt mit den Bürgern dieser Länder zu kommunizieren. Nun wendet sich Putin direkt und ungefiltert (etwa durch unangenehme Journalistenfragen) an das amerikanische Volk.

Wir dokumentieren und kommentieren hier die wichtigsten – und die verlogensten – Passagen von Putins Meinungsstück. Putin steigt ein mit einer direkten Ansprache an das amerikanische Volk und an seine politischen Führer und verteidigt seine Einmischung in die US-Debatte:

Es ist wichtig dies zu einer Zeit zu tun, an der es eine nur unzureichende Kommunikation zwischen unseren Gesellschaften gibt.
Das ist eine interessante Einlassung, wenn man bedenkt, dass der Kreml diese Kommunikation zwischen den Gesellschaften seit geraumer Zeit aktiv behindert. Vor allem mit dem neuen Gesetz zur Einschränkung der Arbeit ausländischer Nichtregierungsorganisationen, die versuchen, das Gespräch mit der russischen Zivilgesellschaft aufrecht zu erhalten.

Ausländische NGOs und russische Organisationen, die mit Geld aus dem Ausland unterstützt werden, gelten in Russland nun als feindliche Agenten und werden inzwischen auch gerichtlich verfolgt. Als nächstes verteidigt Putin das internationale Staatensystem und beharrt darauf, dass es kein Handeln vorbei am UN-Sicherheitsrat geben dürfe:

Die Gründer der Vereinten Nationen hatten verstanden, dass Entscheidungen über Krieg und Frieden nur im Konsens fallen und mit Amerikas Zustimmung wurde das Vetorecht der permanenten Mitglieder des UN-Sicherheitsrates in die UN-Charta eingeschrieben. Die tiefere Weisheit die darin lag war jahrzehntelang die Basis für die Stabilität der internationalen Beziehungen. Niemand möchte, dass die Vereinten Nationen das Schicksal des Völkerbundes erleiden, der in sich zusammenfiel, weil er keinen wirklichen Einfluss hatte. Das wäre aber möglich wenn einflussreiche Länder die Vereinten Nationen umgehen und Militärschläge ohne Autorisierung des Sicherheitsrates vornehmen
Tatsächlich hatte das Vetorecht der Sowjetunion im UN-Sicherheitsrat im Kalten Krieg dazu geführt, dass die UN über Jahrzehnte hinweg gänzlich irrelevant war als Akteur und als Wahrer der internationalen Ordnung. So irrelevant, wie der UN-Sicherheitsrat in den vergangenen Jahren in Sachen Syrien wieder geworden ist durch das russische Veto.

Es war also Russlands Blockadehaltung, die dazu führte, dass die UN "keinen wirklichen Einfluss" hatte und die es nötig machte, die Durchsetzung internationaler Normen am UN-Sicherheitsrat vorbei zu erwägen. Wer das internationale System nachhaltig beschädigt hat, ist also Putin und nicht Obama. Dann widmet sich Putin den Folgen eines Angriffs:

Ein möglicher Schlag der Vereinigten Staaten gegen Syrien, (...) wird noch mehr unschuldige Opfer fordern und eine Eskalation mit sich bringen, die den Konflikt möglicherweise weit jenseits der syrischen Grenzen ausweitet.
Als wenn die unschuldigen syrischen Opfer und die inzwischen schon mehr als 100.000 Toten die Russen in den vergangenen Jahren irgendwie interessiert hätten, als sie Baschar al-Assad mit den Waffen ausgestattet haben, um den Krieg gegen bewohnte Gebiete immer weiter zu eskalieren, und ihn vor den politischen Folgen seines Kampfes gegen die Zivilbevölkerung stets bewahrt haben.

Auch der Flächenbrand, von dem Putin spricht, ist ja längst eingetreten. Der syrische Bürgerkrieg hat inzwischen auf Libanon und Irak übergegriffen und destabilisiert auch Jordanien.

Ein Militärschlag könnte die multilateralen Bemühungen um eine Lösung des iranischen Nuklearproblems und des israelisch-palästinensischen Konfliktes untergraben und den Mittleren Osten und Nordafrika weiter destabilisieren. Er könnte das ganz System des internationalen Rechts und der internationalen Ordnung aus dem Gleichgewicht bringen.
Tatsächlich würde ein Militärschlag die Verhandlungen um Irans Atomprogramm nur dann gefährden, wenn Moskau es darauf anlegen würde. Ansonsten ist davon auszugehen, dass die iranische Bereitschaft zur einer Verhandlungslösung erheblich zurückgehen würde, wenn Assads Überschreiten von Obamas roter Linie keine Folgen haben würde und die Iraner kalkulieren könnten, dass Obamas rote Linie was das iranische Atomprogramm anbelangt genauso wenig Bestand haben würde wie die, die Obama in den syrischen Sand gezeichnet hatte.

Was das internationale System anbelangt: Bis vor kurzem hat Moskau alles getan, um die Aufrechterhaltung eines zentralen Pfeilers der internationalen Ordnung, das Chemiewaffenverbot, zu torpedieren. Auch hier vermischt Putin actio und reactio auf geschickte Art und Weise. Dann sorgt sich Putin um die Demokratie in Syrien:

Syrien erlebt keinen Kampf um die Demokratie, sondern einen bewaffneten Konflikt zwischen der Regierung und der Opposition in einem multireligiösen Land. Es gibt in Syrien wenige Verfechter der Demokratie.
Man wusste gar nicht, dass Putin die Demokratie so am Herzen liegt. Schließlich hat er mit der Einschüchterung von Opposition und Medien im eigenen Land und mit Wahlfälschungen dafür gesorgt, dass man von Demokratie in Russland kaum noch reden kann.

Dieser interne Konflikt, angeheizt durch ausländische Waffen für die Opposition, ist einer der blutigsten der Welt.
Dass der Syrien-Konflikt einer der blutigsten der Welt wurde, hat vor allem damit zu tun, dass Russlands Klient eine lange Zeit friedliche Protestbewegung in Syrien mit brutalsten Mitteln unterdrückt hat. Und der Konflikt hätte weder so lange gedauert noch wäre er so blutig geworden oder hätte soviel Extremisten aus der ganzen Welt angezogen, wenn Russland Assad nicht an der Macht gehalten hätte, indem es ihn tatkräftig mit Waffen und anderer Hilfe unterstützte. Deshalb ist es auch eine Lüge, wenn Putin schreibt:

Wir beschützen nicht das syrische Regime, sondern das internationale Recht.
Das Gegenteil ist der Fall. Das internationale Recht lässt weder Assads brutales Vorgehen gegen die anfangs friedliche Protestbewegung zu, noch die von Assad angeordneten ethischen Säuberungen in den Alawiten-Gebieten oder die Kriegsverbrechen des Regimes an der Zivilbevölkerung in von den Rebellen gehaltenen Gebieten, die vielfach belegt sind. Russland ging es von Anfang an darum, das syrische Regime an der Macht zu halten und nicht etwa um die Wahrung internationalen Rechts.

Es gibt keine Zweifel, dass in Syrien Gas zum Einsatz kam. Aber es gibt viele Gründe anzunehmen, dass es nicht von der syrischen Armee eingesetzt wurde, sondern von Oppositionskräften, um das Eingreifen ihrer mächtigen ausländischen Patrone zu provozieren, die sich auf die Seite der Fundamentalisten stellen würden.
Das ist eine weitere dreiste Lüge. Einmal abgesehen davon, dass auch dem russischen Geheimdienst Belege für die Urheberschaft des syrischen Regimes vorliegen werden, braucht man gar keine geheimen Informationen, um zu dem Schluss zu kommen, dass Assads Truppen für den Einsatz von Giftgas in Damaskus verantwortlich sind. Dazu reicht es, öffentlich zugängliche Quellen auszuwerten oder selbst zu recherchieren, wie es etwa der Betreiber des Brown-Moses-Blog getan hat oder Human Rights Watch.

Es ist alarmierend, dass Militärintervention in interne Konflikte fremder Länder für die USA etwas ganz Normales geworden ist. Ist das in Amerikas langfristigem Interesse? Ich zweifele daran. Millionen in der ganzen Welt sehen Amerika nicht als Vorbild der Demokratie, sondern als ein Land, dass sich allein auf brutale Gewalt stützt und Koalitionen zusammensetzt unter dem Motto: ,ihr seid entweder für oder gegen uns'.
Rührend, wie Putin sich plötzlich sorgt um die langfristigen Interessen Amerikas – als wenn Putins Russland nicht alles daransetzen würde, diesen Interessen zu schaden. Das wirklich perfide aber ist, wie er Obamas Amerika gleichsetzt mit dem Amerika der Bush-Zeit nach 9/11, als der Slogan "ihr seid entweder für oder gegen uns" tatsächlich en vogue war.

Putin spielt da geschickt mit dem Unbehagen der linken Basis Obamas, denen der Präsident in mancher Hinsicht tatsächlich zu wenig pazifistisch ist. In Wirklichkeit hat Obama jedoch genau das gegenteilige Problem. Während Bush noch 43 Staaten vorweisen konnte, die bereit waren, mit ihm in den Irakkrieg zu ziehen, konnte Obama mit seinem Soft-Power-Ansatz bisher nur eine klitzekleine Koalition für ein Eingreifen in Syrien bewegen.

Und das, obwohl es ja gar nicht um einen umfassenden Krieg geht, sondern vielmehr um eine Strafaktion gegen Assads Regime. Das Problem des Präsidenten ist also eher, dass er zu nett ist und zu unentschlossen. Amerika hat unter Obamas Präsidentschaft und in manchen Teilen der Welt, etwa im Nahen Osten, ein Machtvakuum entstehen lassen, in das andere Staaten vorstoßen. Etwa auch Russland, wie sich in Syrien gut beobachten lässt.

In den Vereinigten Staaten ziehen viele einen Vergleich zwischen Irak und Syrien und fragen, warum ihre Regierung die Fehler der Vergangenheit wiederholen möchte.
Das zeigt, wie gut Putin und seine Leute die Debatte in den USA und die Kriegsmüdigkeit der US-Bürger analysiert haben und für russische Zwecke zu Nutzen gedenken. Tatsächlich ist der Vergleich mit dem Irak gänzlich unangebracht, weil Obama weder eine Intervention in den syrischen Bürgerkrieg plant noch etwa Bodentruppen schicken will, um das Land zu besetzen, sondern nur eine kurze Strafaktion geplant hatte.

Das sind jedoch Unterscheidungen, die auch bei vielen US-Bürgern nicht wirklich ankommen, die das diffuse Gefühl haben, nach Irak und Afghanistan nicht in noch einen Krieg in einem muslimischen Land verwickelt werden zu wollen. Indem Putin Irak und Syrien gleichsetzt, appelliert er an dieses diffuse Unbehagen der Amerikaner.

Ungeachtet wie gezielt die Schläge oder wie intelligent die Waffen, zivile Opfer sind unausweichlich, Alte und Kinder eingeschlossen, die durch diese Schläge eigentlich beschützt werden sollen.
Das sind Anmerkungen eines Mannes, der einst das tschetschenische Grosny dem Erdboden gleichmachen ließ (die UN hat Grosny damals "die am meisten zerstörte Stadt der Welt" genannt) und der in den vergangenen zwei Jahren keinerlei Bemühungen unternommen hat, seinen Klienten Assad zu mehr Rücksicht auf die Zivilbevölkerung zu bewegen.

Und der stattdessen verhindert hat, dass der UN-Sicherheitsrat Assad wegen Kriegsverbrechen vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen konnte, um seine Kriegsverbrechen zu untersuchen und zu ahnden. Und den 100.000 Tote im syrischen Bürgerkrieg gänzlich kalt gelassen haben. Wie soll man diese vorauseilenden Krokodilstränen nennen? Chuzpe? Unverschämtheit?

Dann lobt Putin die neue Initiative zur Kontrolle syrischer Chemiewaffen und stellt in Aussicht, dass ein Erfolg in dieser Frage das gegenseitige Vertrauen zwischen Russland und den USA stärken würden. Danach dann wieder ein echter Putin:

Mein Arbeits- und persönliches Verhältnis mit Präsident Obama ist von wachsendem Vertrauen geprägt. Ich schätze das.
Das stimmt natürlich nicht. Aber das darf wohl als lässliches Flunkern im internationalen diplomatischen Geschäft gelten. Zuletzt beschäftigt sich Putin mit dem "American exceptionalism", der traditionellen Vorstellung der Amerikaner, ein besonderes, von Gott auserwähltes Volk zu sein.

Ich habe seine (Obamas) Rede an die Nation sorgfältig studiert. Und ich stimme nicht überein mit einem seiner Argumente zum "American Exceptionalism", als er sagte, es sei die Politik der Vereinigten Staaten, die Amerika zu etwas anderem macht. Was uns außergewöhnlich macht'. Es ist extrem gefährlich, Menschen dazu zu ermuntern, sich als etwas Außergewöhnliches zu sehen, was immer der Grund dafür ist. Es gibt große Länder und kleine Länder, reich und arm, manche mit langen demokratischen Traditionen und solche, die ihren Weg zur Demokratie noch suchen. Ihre Politikansätze unterscheiden sich auch voneinander. Wir sind alle unterschiedlich, aber wenn wir um den Segen Gottes bitten, dann sollten wir nicht vergessen, dass Gott uns gleich geschaffen hat.
Das ist eine Aussage, der sicher viele Europäer zustimmen können und auch viele Unterstützter Obamas aus dem linken Ostküstenestablishments, für das die "New York Times", in der der Meinungsbeitrag veröffentlicht wurde, steht. Es kommt daher wie eine aufgeklärte, postmoderne und quasi postnationale Position (auch wenn es viele Nationen auf dem Globus gibt, die sich für etwas besonderes halten).

Eine Aussage jedoch, die sehr verlogen klingt, wenn man bedenkt, dass Putin zu Hause seine ganz eigene nationalistische Metaphysik betreibt, die Überlegenheit der russischen Kultur gegenüber der westlichen Zivilisation predigt und den Segen und die Unterstützung der Kirche sucht für sein Projekt der nationalen Restauration.

Alles in allem ist Putins Beitrag ein Meisterwerk der Gegenpropaganda. Und es der offensichtliche Versuch eines Autokraten, die Offenheit der Debatte in einem demokratischen Land für seine eigenen Zwecke zu nutzen. Der Text zeigt, wie sorgfältig Russland die Diskussion in Amerika verfolgt, analysiert und die Schwachstellen Obamas identifiziert, um sie dann argumentativ für ihre eigenen Zwecke zu nutzen.

 
Das erinnert mich an folgenden alten Witz:

Diskutieren ein Amerikaner und Russe über Politik und Meinungsfreiheit. Sagt der Ami: "Ich darf vor das Weisse Haus gehen und in aller Öffentlichkeit rufen 'der amerikanische Präsident ist ein Arschloch', ohne verhaftet zu werden."

"Na und?" meint der Russe, "ich darf auch auf den Roten Platz gehen und rufen 'der amerikanische Präsident ist ein Arschloch'!"

Ansonsten ist natürlich klar, dass Putin die aktuelle Schwäche von Obama zu seinem Vorteil ausnützt. Obama hat mit seiner "Red Line" das Maul zu voll genommen.

Aber ganz besonders peinlich ist, dass er zuschlagen wollte, ohne dass es Beweise für die Schuld von Assad an den CW-Angriffen gab!

 
Ja, die ganze Sache lässt einen auch stark an Obama und dessen Demokratie-Denken zweifeln (noch mehr als sowieso schon)... War ihm nicht bewusst, wie schnell er nach so einer Aussage schwach wirken kann? Er ist ein Mann der großen Worte und der oberflächlichen Taten... eben ein typischer Amerikaner...