Ich meine den Schulden in der Schweiz stehen Infrastruktur gegenüber die mehr Wert sind als die Schulden.
Oder ist das falsch?
Es ist sowohl richtig als auch falsch. Richt insofern als beim Bau eines Hauses oder Tunnels ein Mehrwert für ein Land geschaffen wird. Da wird mit echten Ressourcen und Tausenden von Mannstunden echte Arbeit geleistet. Wenn wir das Geld mal ausklammern, wäre so ein Projekt auch ohne Geld theoretisch möglich. Man müsste sich darauf einigen, dass einige Tausend Arbeiter direkt am Tunnel arbeiten aber ein weitaus grösserer Teil von Arbeitern indirekt. Denn die müssen ja die Tunnel-Arbeiter mit Lebensmitteln, Kleidung, Material und Geräten versorgen. Alles in allem können wir vielleicht sagen, dass uns der Tunnel etwa 100 Millionen Mannstunden gekostet hat. Dafür haben wir einen sehr wichtigen Sachwert erhalten. In Geld ausgedrückt: 12 Milliarden Franken.
Nun ein Gegenbeispiel: Der UBS-Bailout hat 80 Milliarden gekostet. In Mannstunden umgerechnet wären das dann rund 700 Mio Mannstunden. Frage: Welchen Gegenwert haben wir als Volk dafür erhalten?
Für €40 Mrd. könnte Deutschland das gesamte marode Trinkwassersystem von Berlin sanieren. Vergleiche das mal mit den derzeit rund €500 Mrd., die Deutschland in ESFS, ESM, Target2 für PIIGS und Banken-Bailouts als Neuverschuldung aufgenommen hat. Wo wäre der Nutzen für das Volk grösser?
Bevor Du weiterliest, möchte ich Dir bitten, Dir aus diesem Video die nächste Minute anzuschauen, das Beispiel mit Geld als Lederstücke:
( Natürlich empfehle ich, den ganzen Dreiteiler mal reinzuziehen
)
Der wichtigste Punkt ist, dass jedes Geld immer als Schuld auf die Welt kommt. Das heisst: Geldmenge=Vermögen=Schulden. Des einen Vermögen ist des anderen Schuld.
Zu einem bestimmten Zeitpunkt ist x die Geldmenge und die Schuldenmenge. x+i ist die Schuldmenge in der Zukunft, wobei i die Zinsen sind, die bis dahin auflaufen. Diese Zinsen sind in der Geldmenge noch gar nicht enthalten. Also können die Zinsen in der Summe auch nie bezahlt werden. Es ist wie mit den Lederstücken: Es sind 100 im Umlauf aber ich will 110 zurück haben. Das kann gar nicht funktionieren.
In der Praxis funktioniert das nur, indem eben weiter Geld produziert wird. Das heisst, die Geldmenge muss mindestens um die fälligen Zinsen erhöht werden (sprich: wir müssen eine zweite Lederhaut finden und mindestens 10 neue Lederstücke schnitzen). Dann kann das Spiel noch ein Jahr weitergehen. Im übernächsten Jahr müsste die Geldmenge schon um 11 Lederstücke steigen, denn wir haben ja jetzt eine Geldmenge von 110 Lederstücken, die zu 10% verzinst werden will. usw. In der Relität gehen uns irgendwann die Kühe bzw. Lederhäute aus.
Bezogen auf Dein Beispiel mit dem Gotthardtunnel: Ja, es ist möglich, ein virtuelles Kässeli aufzustellen und vielleicht kommen im Lauf der nächsten 50 Jahre 13 Mrd. in die Kasse. Dann hätten wir gegenüber den Baukosten 12 Mrd. eine Milliarde Gewinn gemacht. Aber woher kommt diese Milliarde? Auch sie ist Geld und somit ist sie eine Schuld, die irgend jemand hat und auf der irgend jemand Zinsen zahlen muss.
Das ist der Fluch an unserem Geldsystem: Jedes Geld ist Forderung wie auch Verbindlichkeit: Die 100er Note in Deinem Portemonnaie ist eine Forderung von Dir an die SNB, eine Verbindlichkeit der SNB gegenüber Dir. Da aber die SNB keine nennenswerten Sachwerte besitzt, wäre im Falle eines Bankrotts der SNB Deine 100er Note nichts mehr Wert. Nicht ganz: Den Passiven (Franken) stehen ja in der SNB-Bilanz Aktiven gegenüber. Das sind im Wesentlichen Währungsreserven in Dollar, Euro und Gold.
Aber auch die Dollars und Euros, mit denen die Franken gedeckt sind, sind Schuldgeld. Eine Schuld der Fed bzw. der EZB gegenüber der SNB.
Diese Kette von Forderungen und Verbindlichkeiten im Geldsystem zieht sich von Dir zu Deiner Sparkasse, zur Grossbank, zur SNB, zur EZB, zur Deutschen Bank bist zur Dorfbank Hintertupfing und diese Verbindlichkeiten reihen sich aneinander wie Dominosteine. Und genau so werden sie fallen, wenn einer der grösseren Player in dieser Kette zusammenbricht.
Die einzelnen Spieler sichern sich gegenseitig über Derivate ab. Die Gesamtsumme der Derivate liegt derzeit bei 707 Billionen Dollar. Zum Vergleich: Das GDP der USA beträgt 13 Billionen, das der ganzen Welt 30 Billionen, der gesamte weltweite Aktienmarkt 60 Billionen. Wenn also die Derivateblase dereinst platzt, gibt es nichts und niemanden, der das stoppen könnte.
Deshalb halte ich es auch für naiv, wenn sich viele Schweizer die rosarote Brille anziehen und meinen, der Franken könne einen Absturz von Euro oder Dollar überleben. Falsch: Wenn auch nur eine der grossen Währungen bachab geht, fallen nach und nach alle Dominosteine und die ganze Blase platzt. Da wird sich die Schweiz nicht raushalten können. UBS und CS hängen in dieser Derivateblase mit Fr. 4000 Mrd (UBS) bzw. 2000 Mrd (CS) drin. Zum Vergleich: BSP der Schweiz: 500 Mrd. Da wird es auch keine Bailouts von UBS und CS mehr geben können. Die Schweiz wird genau so am Arsch sein wie seinerzeit Island.
Das einzige Geld, das kein Schuldgeld ist, keine Forderung an eine Gegenpartei ist, die Pleite gehen könnte und den Wert in sich trägt, ist Gold.
Daraus ergibt sich im Falle einer zweiten Finanzkrise mit Fall von Dollar und Euro folgendes:
Auf der Aktivseite der SNB-Bilanz werden Dollar und Euro wertlos. Es bleibt also nur noch das Gold, das seinen Wert behält und nun der gesamten Frankenmenge auf der Passivseite gegenüber steht. Da sich Aktiven und Passiven immer ausgleichen müssen ergibt sich:
Aktivseite: 945'000 kg Gold
Passivseite: Fr. 781'717'000'000 (SNB, Stand Dez. 2011)
was zu einem Goldpreis von Fr. 827'214 / kg führt. Aber das nur so nebenbei.
Bist Du noch bei mir?
Dann weiter im Text:
Du schreibst:
"Ich meine den Schulden in der Schweiz stehen Infrastruktur gegenüber die mehr Wert sind als die Schulden.".
Ich will das nicht bezweifeln aber stelle mal folgende Frage: Alleine durch die Schwächungsaktion des Franken im August und September 2011 wurden zwischen Mrd 72 und 160 Franken neu gedruckt. Nehmen wir konservativ die niedrigeren 72 Mrd, was in etwa Fr. 10'000 pro Schweizer Einwohner entspricht. Frage: Wurden Sachwerte bzw. Infrastruktur im Wert von Fr. 10'000 pro Nase (Babys und Rentner eingeschlossen) seit Juli 2011 in der Schweiz geschaffen? Ich glaube nicht. Einverstanden?
Du hast - in Anlehnung an Gunnar Heinsohn - durchaus recht, dass Kredite der Wirtschaft besichert sind.
Will heissen: Wenn Du eine halbe Million Hypothek für ein Haus aufnimmst, steht dieser Schuld ein Sachwert von vielleicht 600'000 gegenüber. Und die Firma, die sich eine Maschine für 1 Mio leistet und dafür ein Grundstück im Wert von 2 Mio belastet hat die Schuld auch gedeckt. Von daher muss man logischer Weise schlussfolgern, dass die Summe der Kredite niemals grösser sein kann als die Summe der Sachwerte, die für ihre Besicherung dienen.
Dem steht allerdings das Problem gegenüber, dass Staaten keinerlei Sicherheiten für ihre Kredite hinterlegen müssen. Sie gelten als "unbankrottbar" und die "Sicherheit" ist das Recht, die Steuerzahler zu schröpfen. Entsprechend müssen auch Banken keine Sicherheiten hinterlegen, um Staatsanleihen auf Kredit zu kaufen, denn die gekauften Staatsanleihen gelten als Sicherheit. Hier wird in der Parallelwelt der Staaten und Banken also ein Perpetuum-Mobile eröffnet, das unendliche Geldmengenausweitung und Kreditschöpfung erlaubt. Und das Tolle dabei: schlussendlich dürfen wir die Zinsen auf diesen Schulden bezahlen.
Dass wir Zinsen auf Schulden bezahlen müssen, die wir nicht gemacht haben bzw. die nicht auf einer Investition (Gotthardtunnel, Haus) basieren, die uns etwas nützt, ist das eine. Viel schlimmer und zwar nachhaltig schlimmer ist die Geldschöpfung durch die Banken. Und das funktioniert so:
Die meisten Menschen gehen davon aus, dass die Kredite, die die Bank vergibt, aus Sparkapital basieren. Sprich: 100 Menschen sparen jeweils Fr. 5000, und von dieser halben Million darf die Bank dann nach Abzug von 10% Mindestreserve Fr. 450'000 als Kredit für eine Hypothek vergeben.
Das war früher mal so, ist heute aber falsch.
Heute funktioniert es so: Wenn Dir ein Kredit von 500k bewilligt wird, unterschreibst Du ein Dokument, das aus Sicht der Bank eine Forderung darstellt. Es ist ein Wertpapier. Eine Schuld von Dir gegenüber der Bank. Die Bank hat das Geld nicht. Es wird durch einen simplen Buchungssatz generiert: "Forderung an Verbindlichkeit".
Auf der Aktivseite also die Forderung an Dich, auf der Passivseite schuldet Dir die Bank jetzt die halbe Million; sie hat ja noch nicht bezahlt.
Mit diesem Buchungssatz ist wie aus dem Nichts eine halbe Million erschaffen worden, die es vorher noch nicht gab. Die Geldmenge der Schweiz hat sich jetzt um diese halbe Million erweitert, die Bilanz der Bank wurde "verlängert".
Die halbe Million wird Dir nun überwiesen. Physisches Geld ist dabei unwichtig. Es sind ja nur Bits und Bytes in einer Computertransaktion.
Der Witz dabei: Die Bank hat bis zu diesem Zeitpunkt rein gar nichts geleistet bis auf ein Gespräch mit Dir also vielleicht 4 Stunden Aufwand, um Deine Finanzdaten in eine Software zu hacken, ein Standard-Dokument auszudrucken und einen Buchungssatz zu generieren.
Wenn Du nun Deine Raten nicht bezahlen kannst, weil Du Deinen Job verlierst, geht das Haus in den Besitz der Bank über. Dann hat sie einen Sachwert in Händen, ohne dafür etwas geleistet zu haben. Besser kann es für die Bank also gar nicht laufen
Und selbst wenn Du bezahlen kannst: Warum darf die Bank eigentlich auf ihrer Forderung an Dich Zinsen verlangen, zahlt aber keine auf der Verbindlichkeit an Dich? Zinsen werden ja definiert als eine Gebühr für Konsumverzicht: Wenn ich Dir Fr. 1000 leihe, kann ich die Fr. 1000 nicht selbst ausgeben und deshalb darf ich Dir eine Gebühr in Form von Zinsen auferlegen. Wie kommt aber die Bank dazu, diese Gebühr zu verrechnen auf Geld, das sie selbst nicht hat? Das sie selbst erst durch einen Buchungssatz geschaffen hat? - Aber das nur so nebenbei.
Fazit: Das Geldschöpfungssystem ist im besten Fall dazu geeignet, uns für Zinsen arbeiten zu lassen, die wir uns nicht leisten können und für die wir keinerlei Gegenleistung erhalten haben. Im schlechtesten Fall, um uns zu enteignen.